Oberasbach: Protest gegen Quittung am Milchautomaten

17.6.2017, 21:00 Uhr
Oberasbach: Protest gegen Quittung am Milchautomaten

© Foto: Fiedler

"Das ist eine unsinnige wie überflüssige Forderung!" Wolfgang Kleinlein ist nicht der Einzige, der sich gegen diese Neuerung stemmt. Schützenhilfe erfahren er und die anderen Milchautomatenbetreiber gerade von den Freien Wählern. Die haben an die bayerische Staatsregierung einen Dringlichkeitsantrag gestellt, wonach für die landläufig als Milchtankstellen bezeichneten Automaten eine Ausnahme gelten soll.

"Immerhin hat die Staatsregierung schon mal Unterstützung signalisiert und will sich beim Bund um eine Ausnahmegenehmigung bemühen", erklärt Gabi Schmidt, MdL, aus dem Landkreis Neustadt/Aisch. Sie hat sich das mit den Milchautomaten vor Ort angeschaut und die Kunden von Wolfgang Kleinlein gefragt, ob sie denn einen Bon über die gezapfte Milchmenge bräuchten. Die Reaktionen, so Gabi Schmidt, seien eindeutig gewesen. Die Kunden sähen darin keinen Sinn. Landwirt Kleinlein wird deutlicher: "Als Schmarrn haben die Milchkunden das betitelt."

Nun muss man wissen, dass diese EU-Richtlinie nicht zwingend umgesetzt werden muss. Deutschlands Landwirtschafts- und Verbraucherminister Christian Schmidt von der CSU sieht darin den Schutz des Vertrauens in korrekte Messungen und will es den Bundesländern überlassen, ob am Milchautomaten die teure Belegtechnik nachgerüstet werden soll.

"Sie brauchen doch am Kaffeeautomaten auch keinen Bon", echauffiert sich die Landtagsabgeordnete und Nebenerwerbslandwirtin Gabi Schmidt. Die verkaufte Milchmenge werde auch jetzt schon durch einen manipulationsgesicherten Zähler erfasst. "Ich sehe doch auch als Kunde, ob mein Gefäß ausreichend gefüllt ist", beschreibt die Landespolitikerin den Alltag an der Zapfanlage. Warum den ohnehin wirtschaftlich so unter Druck stehenden Milchbauern weitere Steine in den Weg legen?, fragt sie.

Bundesminister Schmidt lässt in einem Schreiben an Gabi Schmidt auf eine mögliche Förderung für die Nachrüstung verweisen. "Aber das Geld fehlt doch an anderer Stelle", betont Gabi Schmidt und ärgert sich noch über eine weitere politische Dimension der Sache: "Die EU-Richtlinie wird vorgeschoben und schon wird wieder Europaskepsis geschürt."

Hannelore Paulus pflegt auf ihrem Lindenhof bei Steinbach eine sehr lange Selbstvermarktertradition. "Seit rund vier Jahren haben wir auch einen Milchautomaten aufgestellt", berichtet die 62-jährige Bäuerin. Der sei ohnehin schon sehr teuer gewesen. "Ein Auto bekommen Sie dafür", lässt sie die Größe der Investition anklingen.

Nochmals Geld in den Automaten stecken? Hannelore Paulus und ihre Familie rechnen mit spitzem Stift: "Diese Investitionen lohnen sich nicht." Man dürfe ja nicht nur den finanziellen Aufwand betrachten, sondern auch die Arbeitszeit, die auch in einen einwandfrei funktionierenden Automaten gesteckt werden müsse.

Unnötiger Müll

Paulus ist überzeugt, dass die gedruckten Bons, die dem Verbraucher bestätigen, ob er einen halben oder zwei Liter Milch getankt hat, nur unnötiger Müll sind. "Die Bons werden mit Sicherheit nicht eingesteckt", zeigt sie sich überzeugt. Schließlich hätten sie auf dem Lindenhof schon beobachtet, dass selbst kleines Wechselgeld im Automaten zurückgelassen werde. "Wir haben unseren Automaten ohnehin großzügig programmiert", verrät Hannelore Paulus. Es ist also ein guter Liter, den die Kunden bei ihr zapfen können.

Dass Minister Christian Schmidt diese Verordnung quasi durchgewunken hat, kommentiert sie kopfschüttelnd: "Der kommt doch vom Land und weiß, wie es bei uns auf den Höfen zugeht und wie wenig verdient ist."

"Es werden wieder die Kleinen belastet, die Direktvermarktung blockiert", so sieht es der Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbandes, Peter Köninger. Er ist selbst Milchbauer, betreibt aber keinen Automaten. Köninger verweist jedoch auf die vielen Zapfstellen, an den pro Tag 20 oder 30 Liter, also eher geringe Mengen, geholt werden. "Diese Kollegen können die Nachrüstung nicht stemmen", zeigt er sich überzeugt. Sie arbeiteten ohnehin an der wirtschaftlichen Grenze. Köninger hofft auf eine praktikable Lösung.

Warum aber zeigt sich das Bundeslandwirtschaftsministerium so desinteressiert an den Belangen der Bauern? Im Gespräch mit Wolfgang Kleinlein lässt sich auf diese Frage keine zweifelsfreie Antwort finden. Doch Kleinlein ist auf eine Auffälligkeit gestoßen: Das Eichamt Nürnberg hat einen in radebrechendem Deutsch verfassten Beschwerdebrief erhalten, wonach die tatsächlich abgegebene Milchmenge an Kleinleins Automaten nicht der angezeigten entsprochen haben soll. "Dass meine Anlage zu wenig abgefüllt haben soll, ist für mich nicht nachvollziehbar", zweifelt Kleinlein. Daraufhin habe er sich im Umkreis umgehört und erfahren, dass solche Briefe bundesweit bei Eichämtern eingegangen sind.

"Könnte es sein, dass ein Milchautomatenhersteller an der Nachrüstung mit dem Bon-System gesteigertes Interesse hat?", fragt sich der kritische Bauer aus Oberasbach. Ein Schelm, der Schlechtes dabei denkt.

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