Oberasbacher Taschengeldbörse als Erfolgsprojekt

17.5.2017, 13:00 Uhr
Oberasbacher Taschengeldbörse als Erfolgsprojekt

© Foto: Patricia Blind

Es sind oftmals die kleinen Dinge, die Senioren den Alltag erschweren: Geschirrabspülen, Fensterscheiben putzen, E-Mails schreiben. In Beratungsgesprächen stellt Renate Schwarz vom Quartiersmanagement Oberasbach der Diakonie Fürth immer wieder fest, dass häufig keine professionelle Unterstützung nötig ist, damit ältere Menschen länger alleine daheim wohnen können. Die deutschlandweit beliebte Taschengeldbörse hilft Senioren, so Renate Schwarz, bei "Tätigkeiten, die nicht großartig erscheinen, aber viel ausmachen".

Vor gut einem Jahr setzte sie das Projekt gemeinsam mit dem Jugendhaus Oasis, dem Kulturamt und dem Seniorenrat in Oberasbach um. Das Börsen-Prinzip ist simpel: Schüler zwischen 14 und 19 Jahren helfen älteren Menschen aus der Nachbarschaft im Haushalt und verdienen damit mindestens fünf Euro Taschengeld pro Stunde.

Bei einem Erstgespräch nennen die Schüler ihre Stärken und den Senioren wird erklärt, welche Tätigkeiten die Jugendlichen verrichten können. Schüler sollen nach ihren Vorlieben eingeteilt werden und nicht, wie Schwarz betont, "als billige Arbeitskräfte herhalten".

Frau Schwarz hilft

Auch die 76-jährige Monika Zebuhr wandte sich händeringend an das Quartiersmanagement. "Wenn’s mir mal schlechter geht, gehst du zur Frau Schwarz — da wird dir geholfen", erinnert sich die Rentnerin an die Worte ihres Gatten. Nachdem dieser in einem Pflegeheim unterkommen musste, drohte der Haushalt die gesundheitlich angeschlagene Seniorin Zebuhr zu überfordern. "Vor allem der Garten verwildert", bedauerte sie beim Vermittlungsgespräch mit Renate Schwarz.

Kurze Zeit später tauchte die 19-jährige Lena Kiefhaber vor Zebuhrs Haustür auf. Auf der Suche nach einer Beschäftigung nach dem Schulabschluss sei sie durch Freunde zur Taschengeldbörse gelangt. "Wir waren uns gleich sympathisch", erinnert sich Monika Zebuhr und lächelt dabei.

Bei der Vermittlung achtet Quartiersmanagerin Schwarz darauf, dass die Teilnehmer zueinander passen. Nicht immer muss eine Beziehung entstehen, auch Gelegenheitsjobs gehören dazu. Lena Kiefhaber und Monika Zebuhr beweisen jedoch, dass nicht finanzielle und häusliche Unterstützung allein, sondern die dabei neuen Bande die Taschengeldbörse so beliebt macht.

Seit einem Dreivierteljahr kommt Lena, je nach Freizeit und Bedarf, für zwei Stunden bei der Seniorin vorbei, jätet Unkraut, vertikutiert den Rasen, schneidet die Büsche, entfernt Efeu.

"Sie engagiert sich wirklich sehr, das Ergebnis kann sich sehen lassen", lobt Monika Zebuhr. Die Arbeit empfindet die Technikjournalismus-Studentin nicht als Last. Gern kümmert sie sich auch um den Nutzgarten des heimischen Bauernhofs und engagiert sich sozial. Sie ist für Nachbarin Zebuhr mittlerweile unentbehrlich geworden. Als Lena wegen eines Kreuzbandrisses für längere Zeit absagen musste, wollte sie keinen anderen Schüler engagieren: "Immer denk’ ich sofort nur an die Lena."

Da Monika Zebuhr keine Verwandten und Lena keine Großeltern in Oberasbach hat, ergänzen die beiden sich perfekt, findet die Rentnerin. "Frau Zebuhr ist meine Ersatz-Oma", stimmt Lena ihr zu. So stehen die beiden auch außerhalb der Taschengeldbörse im Kontakt. Ihren "Ersatz-Opa", Zebuhrs Ehemann, hat Lena auch schon im Altersheim besucht. Für die Rentnerin ist Lena mit "ihrer fleißigen und interessierten Art" etwas Besonderes. "Geschichten wie diese sind das eigentliche Ziel des Projekts", freut sich Renate Schwarz über das Duo.

Was ist WhatsApp?

Auch anderen Senioren in der Nachbarschaft hilft die Studentin gelegentlich aus, erklärt ihnen, wie WhatsApp funktioniert oder baut ein neues Bett mit ihnen auf.

"Geld steht dabei nicht im Vordergrund", betont die Studentin. Die älteren Nachbarn freuen sich über ihren Besuch, und sie selbst lernt viel von ihnen, vor allem wertvolle Haushaltstipps, die heutzutage in Vergessenheit geraten. "Fenster bringt man mit einem Schuss Essig und Zeitungspapier am besten zum Glänzen", weiß Lena nun dank ihrer Ersatz-Oma.

Die Rentner zeigen sich ebenfalls begeistert. Immer wieder kommen Senioren auf die Quartiersmanagerin Schwarz zu, singen Loblieder auf "Fensterputz-Perlen" und "Technikprofis". Die Eltern entdecken derweil neue Seiten an ihren Sprösslingen: Eine Mutter, so Renate Schwarz, erkenne ihren Sohn nicht wieder – "so aktiv und begeisterungsfähig ist er durch die Arbeit geworden". Lena findet, die Börse sei ein guter Weg, um als Teenager selbstständig zu werden, Wissen zu sammeln und neue Menschen kennenzulernen.

Bald "Einjähriges"

Monika Zebuhr und Lena sind mittlerweile ein eingespieltes Team, bald feiern sie "ihr Einjähriges", scherzt Lena. Die Ersatz-Enkelin wird ihrer "Oma" auch nach ihrem 19. Lebensjahr, dem Grenzalter, zur Seite stehen. Das dürfe sie, denn immerhin sei sie mit der Taschengeldbörse "mitgewachsen", meint Renate Schwarz.

Nähere Informationen zur Vermittlung gibt es bei Quartiersmanagerin Renate Schwarz telefonisch unter (09 11) 80 19 35 69 oder online auf oberasbach.de

 

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