Ofen aus, Klappe zu

4.6.2012, 10:30 Uhr
Ofen aus, Klappe zu

© Horst Linke

Als Betreiber eines Umweltbüros ist Herbert Schuhmann vom Fach. Sein Wissen ist gefragt, wenn es um Wohngifte, Altlasten, Baustoffe und ums Energiesparen geht. Im Auftrag von Hausbesitzern fahndet der 55-Jährige regelmäßig nach Stellen, an denen kostbare Heizenergie unnötig verpufft. Als tückisches Schlupfloch entpuppt sich bei falschem Gebrauch immer wieder der beliebte Kamin- oder Schwedenofen. Schuhmann nennt ihn ironisch „Energievernichtungsmaschine“, und das hat weniger mit dem „schlechten Wirkungsgrad“ zu tun. „Wenn man einen solchen Ofen hat, weil man die Wärme behaglich findet und gern ins Feuer schaut, dann sollte man ihn so bedienen, dass er nicht zur Energieschleuder wird.“

Dazu muss man wissen: Die mit Holz befeuerten Kaminöfen holen sich den für den Brennvorgang nötigen Sauerstoff für gewöhnlich über eine Zugklappe aus dem Wohnraum. Die Luftzufuhr lässt sich mit dieser Klappe dosieren. Allerdings hört Schuhmann von seinen Kunden schon mal Sätze wie: „Zugklappe? Die hab ich ja noch nie angefasst.“ Manche Leute, meint er, „wissen gar nicht, dass ihr Ofen so eine Klappe hat und was die bedeutet“. Der Energieberater veranschaulicht es an Ort und Stelle gerne mit einem kleinen Test. Dabei entflammt er ein Zündholz und hält es direkt vor die Klappe des — wohlgemerkt kalten — Ofens. Der für die Zuschauer immer wieder verblüffende Effekt: Die Flamme steht nicht kerzengerade, sie zieht zum Ofen hin.

„Die Streichholzprobe macht den Luftstrom sichtbar“, erklärt Schuhmann. Dieser Luftstrom ist Folge des sogenannten Kamineffekts. Soll heißen: Die warme Raumluft steigt durch den Ofen nach oben und verflüchtigt sich durch den Schornstein — gerade so, als ob mitten im Winter bei laufender Heizung ein Fenster sperrangelweit offen stünde. Je größer die Temperaturdifferenz zwischen drinnen und draußen, desto stärker der Sog.

In der Regel kommen Kaminöfen neben einer Zentralheizung als zusätzliche Heizquelle zum Einsatz — nach Schuhmanns Erfahrung „am Wochenende, wenn die Familien daheim sind“. Die Woche über bleibt der Ofen kalt, die Zugklappe offen, und die Heizung heizt zum Dach hinaus.

Wie viel Energie auf diese Weise verschleudert wird, sei schwer zu sagen, meint Schuhmann. Das hänge von vielen Faktoren ab, etwa vom Durchmesser der Lüftungsöffnung und der Witterung. Weht der Wind ums Haus, erzeuge das im Kamin Unterdruck und eine höhere Strömungsgeschwindigkeit. Die Streichholzflamme wird wie aus unsichtbaren Backen förmlich ausgepustet.

Trotz mancher Unwägbarkeiten ist der Experte überzeugt, „dass in extremen Fällen tausend Liter Heizöl im Jahr verpuffen, nur weil keiner an die Ofenklappe denkt“. Er rät Hausbesitzern daher, sich diesen winzigen, aber wirkungsvollen Handgriff bewusst zu machen und die Zugklappe an ihrem Ofen zu schließen. „Man muss es einfach tun.“

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