Offensive: Fürther Dekane fordern drei Fahrradtage

20.9.2018, 11:53 Uhr
Wenn es nach den Fürther Dekanen geht, sollen Radfahrer Vorfahrt bekommen.

© NN Wenn es nach den Fürther Dekanen geht, sollen Radfahrer Vorfahrt bekommen.

Wenn Jörg Sichelstiel in der Stadt unterwegs ist, tritt er fast immer in die Pedale. Lachend bezeichnet sich Fürths evangelischer Dekan als "Hardcore-Radler", der sich auch bei widrigen Witterungsverhältnissen in den Sattel setzt. Seine Eindrücke bei einem Besuch der Ausstellung "Fahr Rad!", die kürzlich im Deutschen Architekturmuseum in Frankfurt zu sehen war, fielen somit auf fruchtbaren Boden. Die Schau am Main zeigte, wie eine Fahrradinfrastruktur aussehen muss, die mehr Menschen auf das Rad lockt; sie präsentierte Projekte aus Kopenhagen, New York, Oslo und anderen Städten.

Beeindruckt hat Sichelstiel eine Untersuchung, wonach die Gruppe jener Menschen besonders groß ist, die auf das Fahrrad umsteigen würden, wenn die Wege nur breit und gut ausgebaut wären, sie sich also keine Sorgen um ihre Sicherheit machen müssten. Der Dekan sieht darin auch vor dem Hintergrund von Klimaschutz und Flächenverbrauch beste Voraussetzungen für eine Stadtplanung und Verkehrspolitik, die Fußgängern und Radlern Vorrang vor dem Auto einräumt. Dass es nach wie vor umgekehrt ist, hält er für nicht mehr zeitgemäß. "Das Fahrrad hat eine Schlüsselfunktion für die Stadtentwicklung", meint er und fordert: "Wir müssen über unsere Straßen neu verhandeln." Nicht nur über sie: Denn 100 Kfz-Stellplätze nähmen weit mehr Platz weg als 100 Fahrradstellplätze, dabei werde Raum dringend für Wohnungen gebraucht.

Bewahrung der Schöpfung

Inspiriert von der Ausstellung entschloss sich der Dekan auch vor dem Hintergrund des christlichen Gedankens zur Bewahrung der Schöpfung, konkrete Forderungen zu erheben. Ein Vorhaben, das Fürths katholischer Dekan, André Hermany, unterstützte. So kam es, dass die Mobilität in der Stadt Anfang der Woche Thema des diesjährigen ökumenischen Stadtratsgottesdienstes wurde.

Mit Rad und Roller — Hermanys Rad war platt — plädierten die beiden Kirchenmänner im gut besuchten Gotteshaus Unsere Liebe Frau (ULF) für einen Ausbau des Radverkehrs und die Einführung von drei "Fahrradtagen" pro Jahr, an denen Radkonzepte getestet werden könnten.

Offensive: Fürther Dekane fordern drei Fahrradtage

© Christiane Lehner

Messbare Ziele

An den Radtagen könnte die Stadtspitze den Vorschlägen zufolge auf Hauptverkehrsachsen wie etwa Würzburger oder Schwabacher Straße je eine Spur dem Radverkehr und eine dem Autoverkehr zuweisen. Eine andere Idee sieht die Sperrung der Innenstadt für Pkw und Lkw vor. Sichelstiel ist überzeugt, dass sich eine Zeitenwende beim Verkehr nur einläuten lässt, wenn sich Städte messbare Ziele setzen.

Oberbürgermeister Thomas Jung, der ebenfalls viele Strecken in der Stadt mit dem Rad zurücklegt, zeigte sich nach dem Gottesdienst skeptisch und aufgeschlossen zugleich. Nach seiner Erfahrung ziehe schon eine zweistündige Straßensperrung Ärger nach sich, gab er mit Blick auf drei Fahrradtage zu bedenken. Jung versicherte aber auch, die Stadt werde im nächsten Jahr Hauptverkehrsadern einmal "für einige Zeit" dem Radverkehr überlassen. Der Vorstoß der Dekane sei da ein zusätzlicher Ansporn.

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