Ohne Hof: Zwei Stadtkinder wollen Bauern werden

28.8.2016, 11:00 Uhr
Ohne Hof: Zwei Stadtkinder wollen Bauern werden

© Foto: Horst Linke

Steffen, ein Knirps, der den Kindergarten schwänzt, weil auf dem elterlichen Hof an diesem Tag eine große Maschine im Einsatz ist. Der Vater, Peter Köninger, der an dieser kleinen Anekdote vor langer Zeit festmacht, dass sein Sohn die Landwirtschaft schon immer im Blut hatte. Und die Bestätigung dieser Vermutung: Heute studiert der Steppke von damals Landwirtschaft. Ein Jahr fehlt ihm noch, dann wird er wohl den elterlichen Betrieb übernehmen.

Diese Begebenheit aus dem Wilhermsdorfer Ortsteil Kreben steht exemplarisch für viele Nachfolgeregelungen auf Bauernhöfen. Zwar ist es heute nicht mehr selbstverständlich, dass die Nachkommen in den Hof der Familie einsteigen, doch immer noch ist es eine Option für die Kinder.

Das erzählt auch Friederike Altenberger. Die 20-Jährige hat ein Berufsgrundschuljahr für Agrarwirtschaft in Fürth hinter sich, das man absolvieren muss, wenn man – wie sie – Landwirtin werden möchte. In ihrer Klasse, so erzählt sie, kam rund die Hälfte der Schüler aus der Landwirtschaft, sprich: Sie sind auf dem Hof aufgewachsen, den sie später einmal bewirtschaften werden. Die andere Hälfte hatte diesen Hintergrund nicht, viele aber sind zumindest auf dem Land aufgewachsen und haben schon in Betrieben von Verwandten mitgeholfen.

Und dann gibt es noch ein paar einzelne, denen sowohl der eine als auch der andere Hintergrund fehlt, die aber trotzdem in die Landwirtschaft einsteigen wollen. So liegt der Fall bei Friederike Altenberger und bei Eric Christian Pressl.

Der ein oder andere Spruch

Die beiden stehen gerade in einem Lagergebäude auf Peter Köningers Hof und räumen Dekoration von einer Feier am Wochenende auf. Arbeit wie diese gehört für sie zum Alltag, daneben füttern und tränken sie Kühe und Kälbchen, sind mit den schweren Landmaschinen auf dem Feld unterwegs und müssen früh und abends den Melkroboter im Blick haben. Die beiden sind seit gut drei Wochen in der Ausbildung zum Landwirt in Kreben.

Für Friederike Altenberger, die in Nürnberg aufwuchs, ist das die Erfüllung eines Kindheitstraums. „Ich fand das schon immer toll zu sehen, was auf den Feldern passiert“, erzählt sie. Nach dem Abitur wollte sie ihren Traum auf seine Alltagstauglichkeit prüfen. Ein halbes Jahr war sie in England und Neuseeland, wo sie auf Höfen mitgearbeitet hat. Nach ihrer Rückkehr gab es keine Zweifel mehr: Es soll wirklich der Beruf der Landwirtin sein und kein anderer.

Die Reaktionen fielen gemischt aus. „Meine Eltern und Freunde finden es klasse“, sagt die junge Frau, die nach einem Jahr auf Köningers Hof noch ein Landwirtschaftsstudium in Triesdorf dranhängen möchte. Von ihren Bekannten habe sie sich den einen oder anderen Spruch anhören müssen. Einige spielten auf die TV-Dokuserie „Bauer sucht Frau“ an, in der Landwirte eine heiratswillige Partnerin suchen, die auf dem Hof mit einsteigt. Altenberger steht über diesen Anspielungen, doch die Frage, was nach Ausbildung und Studium kommen soll, bleibt. Die Antwort: „Naja, irgendwann hätte ich natürlich schon gern einen eigenen Hof.“

Ihr Azubi-Partner Eric Christian Pressl geht die Sache etwas anders an. Auch er hat das besagte Berufsgrundschuljahr in Fürth hinter sich, jetzt ist auch er in der praktischen Ausbildung. „Ich könnte mir die Landwirtschaft als Nebenerwerbsjob vorstellen“, sagt der 34-Jährige, der bereits ausgebildeter Altenpfleger ist. Als Mann hatte er kaum mit Vorurteilen seiner Mitmenschen zu kämpfen. Das Interesse am Beruf hat bei ihm die Mitarbeit auf dem Hof eines Freundes geweckt.

Wie seine Kollegin musste auch er sich selbst um einen Ausbildungsplatz auf einem landwirtschaftlichen Betrieb bemühen. Nach dem dritten Anruf war bei beiden klar, dass sie auf Peter Köningers Hof kommen würden — zunächst allerdings nur, um dort einen Tag lang Probe zu arbeiten. Beide bekamen danach den Zuschlag für die Ausbildung dort.

„Du musst es wirklich wollen“

War Köninger nicht skeptisch, ob eine Frau, noch dazu ohne Erfahrungen auf dem elterlichen Hof, die schwere Arbeit packen würde? „Nein“, sagt er. Ob Mann oder Frau, das sei ihm erst einmal egal gewesen. „Meinen Eindruck hab ich mir dann selbst gemacht.“ Und: Sicher müsse man die schwere Arbeit vielleicht „ein bissl anpassen“, aber das sei eigentlich kein Problem. Auch dass seine beiden Azubis nicht schon von Kindesbeinen an mit auf dem Traktor saßen und auf dem Hof mitgeholfen haben, stört ihn nicht. „Wenn man engagiert ist, kann man das alles aufholen.“

Friederike Altenberger hat sich bereits an die Herausforderungen auf dem Hof gewöhnt; Muskelkater spürt sie kaum mehr. „Abends falle ich schon sehr müde in mein Bett“, gesteht sie, fügt aber hinzu, dass sie diese Anstrengungen schätze und nicht gegen einen Beruf am Schreibtisch tauschen möchte.

Was die beiden nach Ausbildung und Studium erwartet, darüber können sie nur spekulieren. Peter Köninger, der den Hof seiner Eltern zu einer Zeit übernahm, als es noch selbstverständlicher war als heute, dass die Kinder das elterliche Erbe antreten, weiß aber eins: „Du musst es wirklich wollen, Landwirtschaft ist mehr als nur einfach ein Beruf.“

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