ÖPNV: Springt Fürth auf Nürnberger Reformzug?

8.7.2015, 06:00 Uhr
ÖPNV: Springt Fürth auf Nürnberger Reformzug?

© Foto: Hans-Joachim Winckler

*Was plant Nürnberg? Mit günstigeren Abo-Karten will die Nachbarstadt Vielfahrer belohnen, langfristig an die Verkehrsunternehmen binden und auf diese Weise neue Kunden gewinnen. Gelegenheitsnutzer können sich auf billigere Mehrfahrtenkarten freuen. Um die Vergünstigungen gegenzufinanzieren, sollen die Preise beispielsweise für Einzelfahrkarten steigen. Außerdem werden in Nürnberg die Parkgebühren auf städtischen Flächen in der City deutlich angehoben.

*Die Situation in Fürth: Die Gutachter haben Fürth unter die Lupe genommen und dabei festgestellt: Das Angebot ist gut – gerade im Vergleich mit Städten ähnlicher Größe. Es brauche also weder neue Buslinien noch weitere U-Bahnen. Trotzdem stagnieren die Fahrgastzahlen. In einer Stadt wie Fürth mit einer wachsenden Bevölkerung bedeutet das de facto, dass – bezogen auf die Einwohnerzahl – weniger Menschen als früher in Busse und U-Bahnen steigen.

Auch die Einnahmen aus dem ÖPNV seien unterdurchschnittlich hoch, das Defizit der Verkehrssparte der infra mit rund zehn Millionen Euro im Jahr entsprechend groß. Zudem ist die „Bindungsquote“ in anderen Städten höher. Das heißt: Fürther greifen vergleichsweise selten zu Abo-Karten. Nach den teils drastischen Preiserhöhungen der vergangenen Jahre sind weitere Aufschläge nach Meinung der Gutachter nicht vermittelbar. Stattdessen bedürfe es einer „strukturellen Änderung“ des Tarifsystems, wie es Nürnberg vorhat.

*Preisstufe A, B und AB: Die Preisstufe A gilt gegenwärtig für Nürnberg, Fürth und Stein. Preisstufe B nur für Fahrten innerhalb von Fürth. Anders als Fürth verzichtete der Nürnberg Stadtrat Anfang des Jahres auf die zweite Runde einer großen Preiserhöhung. Das hat Folgen, haben die Gutachter herausgefunden. Der Preisunterschied zwischen einer Fahrt innerhalb von Fürth und über die Stadtgrenze sei nicht mehr groß genug. Gerade Abonnenten würden nun lieber ein paar Euro mehr hinlegen und sich das stadtübergreifende Ticket (Tarifstufe A) kaufen. Wo ist das Problem? Die infra nimmt dadurch weniger ein, weil sie bei den in Fürth gelösten Tickets der Preisstufe A einen Teil an Nürnberg abführen muss, während Fahrkarten der Preisstufe B komplett in die eigene Tasche fließen.

Um die Kassen der Verkehrsbetriebe zu füllen, haben Probst & Consorten vorgeschlagen, dass Fürth entweder die künftige Nürnberger Preisstruktur ebenfalls für innerörtliche Fahrten übernimmt oder aus der Tarifstufe A ausscheidet. Für Fahrten über die Stadtgrenze müsste dann eine neue, teurere Stufe eingeführt werden, beispielsweise mit dem Namen AB, deren Preise knapp unterhalb der bisherigen VGN-Preisstufe 3 liegen könnten.

„Die Trennung von Nürnberg und Fürth erlaubt eine höhere Bepreisung der weiten Strecken über die Stadtgrenze“, heißt es in dem Gutachten. Oder anders gesagt: Wer von der Hardhöhe nach Langwasser fahren will, soll gefälligst einen der Strecke angemessenen Preis bezahlen. Dies sei problemlos möglich, denn: Ob Frankfurt und Offenbach oder Leverkusen und Köln – fast überall in Deutschland koste die Fahrt in die Nachbarstadt deutlich mehr als innerhalb der jeweiligen Stadtgrenzen.

*Was kann Fürth tun? Die Kleeblattstadt könnte die Nürnberger Beschlüsse absegnen, für das eigene Stadtgebiet aber keine Änderungen beschließen. Ein Schritt, den die Gutachter nicht empfehlen, weil er wenige neue Fahrgäste und nur geringe zusätzliche Einnahmen bringen würde. Stattdessen schlagen Probst & Consorten vor, die Nürnberger Reform (günstigere Abos und Mehrfahrtenkarten, teurere Einzeltickets und Parkgebühren) zumindest in Teilen zu übernehmen, um den „Binnenverkehr attraktiver zu gestalten“. Denkbar wäre auch, sich darüber hinaus noch aus der gemeinsamen Preisstufe A zu lösen. Das würde nach Meinung der Gutachter der infra zwar ein geringeres Fahrgastplus bescheren, dafür aber deutlich höhere Einnahmen.

*Wie geht es weiter? Die Gutachter stellen die Nürnberger Tarifreform und die möglichen Folgen für Fürth derzeit im Detail in den Stadtratsfraktionen vor. Im September soll der Stadtrat dann eine Entscheidung dazu treffen, wie sich die Kleeblattstadt positionieren wird. Übernimmt Fürth das Konzept oder nicht? Bleibt Fürth in der Tarifstufe A oder scheidet es aus?

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