Opulente Stimmen im Stadttheater

7.7.2015, 10:00 Uhr
Opulente Stimmen im Stadttheater

© Foto: Marin Bartmann

Der Tenor Leo Slezak soll einmal geäußert haben, dass er den Troubadour wohl schon über hundert Mal gesungen hat, aber immer noch nicht so recht weiß, wer da eigentlich wessen Bruder ist. Das klingt zwar nicht unbedingt glaubwürdig, Tatsache ist aber, dass die Handlung der Oper „Der Troubadour“ von Giuseppe Verdi schon ziemlich verworren und bizarr ist.

Der Rachegedanke durchzieht das gesamte Werk, basierend auf dem Tod einer als Hexe abgestempelten Frau auf dem Scheiterhaufen, die ihrer Tochter als letzte Worte zuruft: „Räche mich!“ Zweimal wird das fünfzehn Jahre zurückliegende grausame Ereignis in der Oper erzählt, zuerst von Ferrando im Feldlager und dann von der Zigeunerin Acuzena für ihren (vermeintlichen) Sohn Manrico. Erhellt werden die Geschehnisse dadurch aber auch nicht. Durchsetzen konnte sich diese Oper, die zu einem der beliebtesten und meistgespielten Werke auf der Opernbühne wurde, aber deshalb, weil Melodienseligkeit, Dramatik und klangvolle Ensembles Verdis Erfolgsrezept sind.

Und auf musikalischem Gebiet sammelte das Theater Freiburg bei seinem Gastspiel im Fürther Stadttheater auch seine Pluspunkte. Die vier Hauptdarsteller glänzen mit Stimmgewalt und Klangfülle. Juan Orozco als Graf Luna verfügt über eine dramatische Baritonstimme, die er beeindruckend einsetzt. Er neigt aber zu der Unsitte, hohe Spitzentöne zunächst einmal von unten „anzusteuern“.

Christina Vasileva als Leonora meistert sowohl die dramatischen Ausbrüche wie auch die lyrischen Gefühle mit ihrer an stimmlichen Nuancen reichen Stimme, brillante Spitzentöne und ausdrucksvolle Passagen in der tieferen Lage. Beeindruckend gelingt ihr die Wandlung von der verliebten Frau zur tragischen Figur, die sich für den Geliebten opfert. Mit metallener Tenorstimme gestaltet James Lee die Partie des Manrico, der im Schlussterzett aber auch mit ausdrucksvollen Pianotönen aufwartet.

Imposant in Statur und Stimmkraft: Anja Jung in der Rolle der Azucena, stimmliche Präsenz in jeder Lage, auch sie im Schlussterzett, in dem sie die Sehnsucht nach der Heimat besingt, mit tiefem Ausdruck und Klangschönheit.

Eine solide Partie bot Andrei Yvan als Feldhauptmann Ferrando. Gerhard Markson leitete die Aufführung mit Verve, ließ Chor und Solisten stimmgewaltig loslegen, zeigte aber auch Einfühlungsvermögen für die lyrischen Passagen. Dass es zwischen Orchestergraben und Sängern des Öfteren einmal wackelte, bügelte er routiniert aus.

Inszenierung und Bühnenbild waren in manchen Szenen allerdings gewöhnungsbedürftig: Leonora und ihre Damen tragen über ihrem schwarzen Kleid goldene Büstenhalter, die aussahen, wie Brustpanzer von griechischen Amazonen, als Pendant gab es für die Männer „Penisholder“, ebenfalls goldfarben. Im dritten Akt werfen sich die Soldaten die abgeknöpften BHs zu und benützen sie gar zum Schneuzen – eine besondere Art von Gaudi! Feldhauptmann Ferrando stolziert mit rotem Zylinder und Plateauschuhen umher und die Soldaten wirken in einer Szene wie eine martialische SOKO-Truppe vor dem Einsatz.

Das Bühnenbild besteht aus einer wie eine riesige Grotte wirkenden Konstruktion auf Rädern, die immer wieder umhergefahren wird, auf der Rückseite mit einer simplen Folie bespannt ist und dann als Zigeuner- und Feldlager dient. Vieles bleibt rätselhaft, etwa die mit roter Farbe malenden Knaben, wohl Symbole für das verbrannte Kind, oder das kleine Mädchen, das in der Schlussszene von Ferrando an der Hand geführt wird.

Ein durchgehendes schlüssiges Regiekonzept ist nur bedingt erkennbar. Die herrliche Musik von Verdi mit tollen Sängern ließ aber alle diese Eigenartigkeiten schnell vergessen – begeisterter Beifall!

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