Orte der Angst: Wer gibt Senioren die Sicherheit wieder?

29.9.2007, 00:00 Uhr
Orte der Angst: Wer gibt Senioren die Sicherheit wieder?

© DG

Frau Übelacker, Senioren haben oft Angst, nach Einbruch der Dunkelheit noch rauszugehen. Warum?

Übelacker: Das ist vielschichtig. Das kann die Frau sein, die früher gern ins Theater gegangen ist. Aber nun ist ihr Mann gestorben, sie müsste den Bus nehmen und der fährt spätabends in großen Abständen . . . Und dann machen sicher auch Horrorgeschichten in der Gerichtssendung und die realen Fälle in den Zeitungen etwas aus. Wer schon ein bisschen Angst hat, lässt sich davon beeindrucken - und sein Bewegungsradius wird immer enger.

Aber gibt es nicht auch gute Gründe? Ältere Menschen sind in ihrer Beweglichkeit doch oft eingeschränkt, die Körperkraft lässt stark nach.

Übelacker: Das ist nur ein Aspekt. Wenn jemand selbstbewusst auftritt und signalisiert ,Ich kenne mich aus, das lasse ich mir nicht gefallen - und du kommst mir grad recht!‘, spielt das kaum eine Rolle. Das ist Lebenseinstellung - unabhängig vom Alter.

Die «sicherste Großstadt» in Bayern und das subjektive Empfinden klaffen auseinander . . .

Übelacker: Genau, und es nutzt gar nichts, dass man den Leuten Statistiken vorliest.

Deshalb denken Sie auch Führungen zu Orten der Angst an. Welche sind das denn?

Übelacker: Ich glaube, solche Orte gibt es nicht. Aber es gibt viele Stellen, die mulmige Gefühle auslösen. Das kann das eigene Haus sein, wenn man die letzten zehn Meter zur Haustür durch eine dunkle Ecke gehen muss.

Muss man sich Fürth unter Flutlicht vorstellen?

Übelacker: Nein, nein gar nicht. Da kann schon ein gut installierter Bewegungsmelder helfen.

Besonders die U-Bahn wird immer wieder genannt, wenn es um Senioren und die Angst geht.

Übelacker: Was auch daran liegt, dass die ältere Generation mit dem Gang in den Untergrund Kriegserfahrungen verbindet. Der Tunnel erinnert sie an die Angst im Bunker bei Bombenangriffen. Seit ich das weiß, kann ich das viel besser verstehen.

Die Entscheidung für die U-Bahn ist gefallen, daran lässt sich nichts ändern.

Übelacker: Stimmt.

Hilft es dann wenigstens, wenn man Pfefferspray bei sich trägt?

Übelacker: Das halte ich für ganz schlecht. Keiner sollte etwas bei sich tragen, was ein Angreifer auch gegen ihn verwenden könnte. Viel eher bin ich für kleine Tricks wie den Schlüsselbund in der Jackentasche. Wenn ich meine Hand darum schließe, mache ich gleich eine richtige, wehrhafte Faust.

Und die Handtasche? Gerade alte Frauen klammern sich ja verzweifelt fest. In Nürnberg starb eine Seniorin, als sie von der Straßenbahn mitgeschleift wurde.

Übelacker: Da muss man fragen: Was ist drin, dass so wichtig ist? Den Schlüssel kann man in eine Kleidungstasche stecken, statt des Personalausweises eine Kopie bei sich tragen und auf der Bank am besten nur kleinere Barbeträge abheben. Das nimmt auch Banden, die sich darauf spezialisiert haben, den Anreiz.

Und der Karate-Kurs?

Übelacker: Kürzlich hatte ich eine Anfrage dazu und habe recherchiert. Bei den Karateclubs gibt es Kurse für Späteinsteiger - ab 30. Ich denke, das müsste man passgerecht für Senioren aufziehen. Es darf nicht nur um Griffe und Kniffe gehen, es müsste auch sicheres Auftreten Thema sein.

Was noch?

Übelacker: Senioren als Verkehrsteilnehmer zum Beispiel. Sie wollen ihre Unabhängigkeit erhalten, fahren große Autos mit viel Knautschzone, die Wahrnehmung verändert sich. Wie kommen sie dann im Parkhaus zurecht? Mir schwebt ein Fahrtraining vor. Bei der Frage Sicherheit fügt sich wie bei einem Mosaik Steinchen um Steinchen aneinander.

Interview: GABI PFEIFFER