Paketstress: Was Kunden tun können

4.10.2018, 06:00 Uhr
Paketstress: Was Kunden tun können

© Archivfoto: Oliver Berg/dpa

Kein Päckchen im Briefkasten, dafür eine Benachrichtigung, dass die Sendung ein paar Häuser weiter hinterlegt ist: Was Ernst Wild (Name geändert) passiert ist, geschieht bundesweit schätzungsweise mehrere Millionen Mal am Tag. Im Falle des Fürthers nahm dieser Vorgang jedoch eine unerfreuliche Wendung. Denn als Wild das Päckchen abholen wollte, war es nicht mehr auffindbar. "Es ist wohl aus Versehen im Papiermüll gelandet", so sein Resümee.

Doch wer haftet in diesem Fall eigentlich für die angenommene Sendung? Die Nachfrage beim Zusteller Hermes, der das Päckchen transportiert hat, ergibt: Die Haftung liegt bei demjenigen, der das Paket annimmt, also beim Nachbarn. Bei der DHL, die zur Deutschen Post gehört und sich als weltweit führendes Transport- und Logistikunternehmen bezeichnet, ist dies genauso geregelt: "Nimmt der Nachbar das Paket an, haben wir unseren Transport- und Auslieferauftrag erfüllt", sagt Carolin Oelsner, DHL-Pressesprecherin, auf FN-Nachfrage.

Haftungsansprüche sind damit ausgeschlossen. Doch wer weiß das schon, wenn ihn der Paketbote bittet, die Sendung anzunehmen? "Auf Nachfrage", so heißt es von der Pressestelle, erteile der Bote gerne Auskunft.

Doch selbst wenn kein Nachbar involviert ist, birgt das Überbringen eines Pakets ab und an Tücken. Etwa bei der Hinterlegung am Wunschort. Ihn kann man auf dem Internet-Portal von DHL angeben. Der Platz sollte auf dem Grundstück des Empfängers liegen, unverschlossen, trocken und nicht einsehbar sein. Doch auch ein solch sorgfältig ausgewählter Ort bietet unter Umständen keine Sicherheit. Dann nämlich, wenn, wie einem anderen Leser geschehen, sich der Zusteller beharrlich weigert, die Sendung dort abzulegen. Statt im Gartenschuppen, der etwas zurückversetzt von der Straße ist, platzierte der Bote die Pakete zuverlässig direkt vor der Haustür — bestens einsehbar vom Gehweg aus und ebenso leicht zugänglich.

Mehrere Versuche des Lesers per Mail und Telefon bei DHL, diesen Missstand abzuschaffen, fielen nicht auf fruchtbaren Boden. Doch was passiert, wenn ein Passant die Gunst der Stunde nutzt und die Sendung kurzerhand mitnimmt? Kommt ein Paket abhanden, erklärt Pressesprecherin Oelsner, werde "der Sachverhalt geprüft" und mit dem betroffenen Zusteller gesprochen. Solche Fälle würden auch immer auf Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit untersucht. Falls eine "unsachgemäße Ablage" zu dem Verlust geführt habe, hafte DHL gegenüber dem Versender. Der Empfänger muss in einem solchen Fall aber eine eidesstattliche Erklärung abgeben, dass er die Sendung tatsächlich nicht erhalten hat. Rund zwei bis vier Wochen, so das Unternehmen, dauere es, bis ein solches Verfahren abgeschlossen ist.

Pakete sind übrigens bis zu einem Wert von 500 Euro, Päckchen generell gar nicht versichert. Wer die Deckung einer höheren Summe – bis zu 25 000 Euro – wünscht, muss eine Zusatzversicherung abschließen. Vor dem Versand der Ware, versteht sich.

Gütliche Einigung

Im Fall von Ernst Wild gab es gar keine Versicherung — es handelte sich bei ihm ja um ein Päckchen. 87 Euro hatte ihn die verloren gegangene Sendung gekostet. Theoretisch hätte er die Summe von seinem Nachbarn einfordern können. Geeinigt haben sich die beiden jedoch auf die Hälfte. "Eine gute Nachbarschaft ist mir schließlich wichtig", sagt Wild, der diese nicht auf Spiel setzen wollte.

Verständnis zeigt er übrigens für die Auslieferer der Pakete. "Sie leiden unter unheimlichem Zeitdruck und tun alles, um die Ware loszuwerden", sagt er. Carolin Oelsner von DHL sieht das erwartungsgemäß ganz anders. Alle 100 000 eigenen Post- und Paketzusteller würden nach Tarif bezahlt und Touren abfahren, "die innerhalb der gegebenen Arbeitszeit bewältigt werden können". Auf steigende Paketmengen werde mit verstärkter Zusammenarbeit mit "Servicepartnern" reagiert.

Reagiert hat auch Ernst Wild. Er hat mit seinem Nachbarn vereinbart, dass dieser künftig keine Pakete mehr für ihn annimmt. Und zwar nicht, weil er ihm nach dem Vorfall misstraut. "Ich möchte einfach nicht, dass er wegen mir noch einmal in Schwierigkeiten kommt."

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