Per Video schaltet sich der Experte ans Krankenbett

16.7.2014, 13:00 Uhr
Per Video schaltet sich der Experte ans Krankenbett

© Peter Romir

„Bei einem Schlaganfall zählt jede Minute – deshalb zögern Sie nicht, den Krankenwagen zu rufen, wenn Sie Symptome wie Seh- oder Sprechstörungen oder Lähmungen im Gesicht entdecken“, schärft Angela Wacker vom Schlaganfall-Netzwerk „Steno“ den Besuchern der Veranstaltung ein. „Gehen Sie lieber einmal zu viel ins Krankenhaus, als einmal zu wenig – bei Schlaganfall-Verdacht gibt es keinen Fehlalarm.“

Aufmerksam hören die zahlreichen Besucher zu. „Das Interesse hat uns selbst überrascht“, meint Stephan Beck vom gastgebenden VdK Stein. „Wir hatten auch schon Veranstaltungen mit drei Teilnehmern und uns dann langsam auf acht hochgearbeitet – aber so viele waren es noch nie.“

Das passt aber zum wichtigen Thema, immerhin ist der Schlaganfall nicht nur eine der häufigsten Todesursachen in Deutschland, sondern auch der Hauptgrund für das Entstehen von Behinderungen.

Doch was genau ist eigentlich ein Schlaganfall? „Entweder eine Verstopfung oder ein Riss im Gehirn“, formulierte es Angela Wacker für Laien verständlich. „Genau feststellen lässt sich das nur durch ein Computer- Tomogramm.“

Doch nicht in jeder Klinik gibt es Fachleute für die Erkrankung. Um Betroffenen lange Fahrten und gefährliche Wartezeiten zu ersparen, kam man in Erlangen auf eine clevere Idee: Per Video werden die Daten aus dem behandelnden Krankenhaus vor Ort in drei gut ausgestattete zentrale Medizinzentren übertragen. Von dort berät ein Fachmann per Videokonferenz die behandelnden Ärzte.

„Ursprünglich entstand die Idee der Telemedizin aus Bequemlichkeit, weil ein Arzt nicht immer von seinem Büro im Keller zur Station im fünften Stock laufen wollte“, erinnert sich Wacker. „Dementsprechend wurde sie anfangs etwas belächelt. Aber inzwischen hat sie sich sehr gut bewährt. Nur so ist es möglich, dass in mittlerweile 18 Kliniken in Bayern rund um die Uhr ein Schlaganfall-Experte verfügbar ist, der innerhalb von zehn Minuten per Video helfen kann.“

Ein anwesendes Paar hat da ganz andere Erfahrungen gemacht: „Wir warteten im Krankenhaus Fürth acht Stunden, bis sich jemand um uns gekümmert hat.“ Das erscheint Wacker „unvorstellbar“, da die Fürther Teil des Netzwerkes sind und verschiedene Zertifikate für Qualität erworben haben. Sie will das aber nachprüfen.

Insgesamt werden in den 18 ans Steno-Netzwerk angeschlossenen Kliniken zwischen Dinkelsbühl und Hof täglich etwa 10 bis 14 Patienten per Telemedizin behandelt – also 3000 Menschen im Jahr.

„Könnte die Telemedizin nicht auch gleich im Krankenwagen angeboten werden?“, fragt eine andere Besucherin. „In Berlin gibt es tatsächlich einen Wagen mit einer mobilen Einrichtung“, berichtet Angela Wacker. „Aber in einem Flächenland wie Bayern ist das nicht sinnvoll. Die Chance, dass dieser Wagen in der Nähe ist, ist gering – und wenn unterwegs das Netz zusammenbricht, wäre niemandem geholfen.“

Ebenso wichtig wie die akute Behandlung ist auch die Vorsorge: „Ich empfehle allen Menschen ab 40, eine Augenuntersuchung machen zu lassen, bei der sich das persönliche Risiko feststellen lässt.“ Damit haben manche Besucher schon gute Erfahrungen gemacht: „Die Untersuchung war problemlos – es werden einfach die Augen fotografiert – und das Ergebnis ist ausführlich und auch für Nicht-Mediziner verständlich“, meint Georg Zill vom VdK. „Schade nur, dass es die Krankenkasse nicht zahlt.“

Bisher müssen für die Untersuchung gut 90 Euro vom Patienten selbst bezahlt werden. „Wir werden uns dafür einsetzen, dass sich bei den Krankenkassen in dieser Richtung etwas bewegt“, meint Steins VdK-Ortsvorsitzender Beck. Auch sonst will man dem wichtigen Thema mehr Zeit widmen und die Reihe der Informationsabende zum Schlaganfall fortsetzen. So spricht am Mittwoch, 30. Juli, um 19 Uhr Chefarzt Christian Maihöfner im Gasthaus Simon in der Regelsbacher Straße 52.

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