Perlen fürs Ohr und fürs Auge

26.1.2015, 10:37 Uhr
Perlen fürs Ohr und fürs Auge

© Foto: Martin Bartmann

Inspiration war eine Aufführung von Gustav Mahlers „Lied von der Erde“ in der kammermusikalischen Fassung des Neruda-Quartetts 2009, die Renate Kaschmieder als Gesangssolistin zusammen mit zwei Tänzerinnen gestaltete. Für ihr neues Projekt holte sie die Tänzerinnen Kathrin Blume-Wankelmuth und Joanna Schwing sowie den Tänzer Johannes Blattner an Bord — mit Pole Dance und höchst modernen Ausdrucksformen. „Natürlich könnten Puristen unter den klassischen Hörern sich vielleicht vom Tanz gestört fühlen, weil so viel Bewegung auf der Bühne beim Kunstlied traditionell einfach nicht vorhanden ist“, räumt Kaschmieder vor der Aufführung im Gespräch mit Dramaturg Dwayne Holliday ein, umso mehr, als man an den Tanz an der Stange gemeinhin erotische Assoziationen knüpft. Doch bei diesem Liederabend wurde nicht „nach der Musik getanzt“ wie etwa beim Ballett; vielmehr dienten die horizontale Ebene und die vertikale Stange dazu, Sehnsucht, Ausbruch und Ankommen in vielfältigen Formen zeitgenössischen Tanzes auszudrücken.

Ob in ekstatischen Bewegungen, schnellem Laufen, ausdrucksstarker körperlicher Ausstrahlung, einzeln oder in der Gruppe an der Stange: Die drei Tänzer verstanden es, diese Gefühlswelten in der Verbindung von Musik und Tanz in Gemeinsamkeiten und Gegensätzen zu vermitteln. Und auch Kaschmieder, die nicht an ihrem Platz am Flügel verharrte, sondern die Weite der großen Kufo-Halle nutzte, wurde mehrmals unmittelbar in die Welt der Bewegung miteinbezogen — und das nicht nur bei der Zugabe als Vierergruppe an der Stange.

Trotz dieses neuen und ungewohnten Formats prägten die Altistin und ihr Begleiter am Flügel, Paul Sturm, das Konzert. Puristen kamen also in jedem Fall auch auf ihre Kosten. Ob in den romantischen, von Sehnsucht geprägten Liedern Franz Schuberts, den spätromantischen Schätzen eines Richard Strauss oder in der Uraufführung von Uwe Strübings Liederzyklus „Zu jenem tiefsten Grunde des Tönens . . .“ nach frühen Gedichten Rainer Maria Rilkes — es gelang, die drei musikalischen Stilwelten jeweils adäquat und in perfekter Homogenität zu interpretieren. Hier die auch in den hohen Lagen klangschöne Altstimme mit feinen dynamischen Abstufungen, dort die einfühlsame und mitgestaltende Klavierbegleitung.

Der Gesang der Mignon („Kennst du das Land, wo die Zitronen blüh’n“), das Melodram „Das Schloss am Meer“, die ergreifend schön gesungene „Zueignung“, die in schönem Piano verklingende „Georgine“ – Perlen des Gesangs an einem denkwürdigen Liederabend.

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