Petermännchens Reise zu Hannibal Lecter

17.3.2017, 17:17 Uhr
Petermännchens Reise zu Hannibal Lecter

© Archivfoto: Tschapka

"Offroad" heißt das Programm, und das bedeutet: Der Weg führt abseits von allseits befahrenen Straßen und ausgelatschten Pfaden, es geht querbeet durch die Wildnis des Alltags. Rick Kavanian bestreitet sein Soloprogramm im Alleingang, ohne Hilfsmittel, nur ab und zu geringfügig unterstützt durch Lichteffekte und musikalische Einspielungen. Oder durch Zuschauer aus dem Publikum, die so leichtsinnig sind, auf Ricks Fragen Antworten zu geben.

Denn Rick erweckt den Eindruck, ein absolut vertrauenswürdiger Kumpel zu sein, dazu noch mit Intellektuellenbrille gesegnet. Und die Frage, was ein Petermännchen sei, klingt doch völlig harmlos, oder? Pech gehabt, einmal zu Wort gemeldet, hängt der vorlaute Zuhörer mittendrin in Kavanians Argumentationsverstrickungen wie die Fliege im Netz. Und die wird von der Spinne eingewickelt und ausgenommen, da wird gleich noch der Lebenspartner mit involviert. Aber Bloßstellen ist Kavanians Sache dann doch nicht.

Worum geht es eigentlich? Es geht querbeet durchs Leben des Münchners, was bedeutet, dass er auf der Straße als Prominenter erkannt, aber stets in die falsche Schublade gesteckt wird. Und wenn er darauf hinweist, dass er kein Grieche, also schuldlos am Grexit sei, sondern ein gebürtiger Armenier, dann bekommt er eben einen Vortrag über die Albaner zu hören.

Von nun an mäandrieren seine Erzählungen von der Augenoperation mittels Laser über die Hochzeitsreise im afrikanischen Busch über den Urlaub in Thailand und das Gelbwurst-Almosen beim Metzger bis zur frühmorgendlichen Auseinandersetzung mit der digitalen Technik des Eierkochers. Das gibt Kavanian ausgiebig Gelegenheit, seine stimmakrobatischen Künste auszuprobieren, deutsche Dialekte (Bayerisch, Fränkisch, Schwäbisch und vor allem Sächsisch) und internationale Akzente — etwa Thai — auszuwalzen oder gar Tropenwald-Naturlaute zwischen Paarung und Todeskampf zu imitieren.

Gerne hätten wir noch etwas mehr über die grundverschiedene Ästhetik zwischen Mann und Frau erfahren, die sich beispielsweise in der Gestaltung des PC-Bildschirmschoners niederschlägt. Wenn statt "Django unchained" auf einmal ein süßes Marienkäferchen auf dem Monitor aufleuchtet, dann ist nicht nur der persönliche Zugang zum Kommunikationsmittel infrage gestellt, dann muss ein Machtwort gesprochen werden. Indes belässt Kavanian es bei dieser einen Episode und widmet sich lieber dem Kampf "analog gegen digital". Wobei das neueste Smartphone wenigstens groß genug ist, intime Blößen zu bedecken.

Gegen Ende lässt Kavanian natürlich das Zebra Marty aus "Madagaskar" sprechen. Aber den Hannibal Lecter aus dem "Schweigen der Lämmer" hat er ebenfalls und beängstigend gut drauf. Wenn man sich zum Schluss fragt, worum es eigentlich ging, hat der Zuschauer den Eindruck von heißer Luft — die allerdings sehr unterhaltsam in den Saal gepustet wird. Übrigens: Ein Petermännchen ist ein Gründelfisch, ganz harmlos und völlig ungiftig.

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