Pfostenkrieg: Anwohner sperrten Straßen selbst

19.8.2017, 09:00 Uhr
Pfostenkrieg: Anwohner sperrten Straßen selbst

© Florian Burghardt

Ein kurzer Weg hinunter zum Bibertufer und nur einen Steinwurf vom Stadtpark entfernt: Eigentlich lässt es sich gut leben in dem kleinen Viertel zwischen den Straßen Am Sportplatz und Parkstraße im Osten Zirndorfs. Doch etwas trübt die Idylle. Viele der Anwohner sind sauer. Grund ist das erhöhte Verkehrsaufkommen, mit dem die 72 Eigentümerparteien des Wohngebiets seit Anfang des Jahres zurechtkommen müssen.

Viele der Häuserreihen sind parallel hintereinander gebaut. Zwischen den rückseitig gelegenen Gärten einer Reihe und der Haustürseite der nächsten befindet sich ein befahrbarer Weg. "Bevor ich durch mein Gartentürchen auf den Weg hinaus trete, strecke ich erst mal ganz langsam und vorsichtig den Kopf heraus. Teilweise fahren hier die Autos so schnell vorbei, dass man bei Unachtsamkeit leicht überfahren werden könnte", berichtet ein Anwohner, der lieber anonym bleiben möchte.

Seine Nachbarn auf der gegenüberliegenden Seite haben laut seiner Aussage ähnliche Probleme. Vor ihren Haustüren befindet sich kein Gehweg oder Bordstein, der sie vom befahrbaren Bereich trennt. Etwa einen Meter vor dem Türschloss fahren schon Pkw vorbei.

Angst um spielende Kinder

Eine andere Anwohnerin bringt die Sorgen auf den Punkt: "Wir haben Angst um die Kinder, die hier leben und gerne auf der Straße spielen. Das Ganze hier wirkt wie ein verkehrsfreies Wohngebiet. Aber tatsächlich spielen die Kinder auf einer Straße, auf der 50 Stundenkilometer erlaubt sind." Eine Situation, mit der die Anwohner nicht mehr länger leben wollen. Dabei gab es über Jahrzehnte hinweg keine Probleme.

Offiziell sind die Durchgangswege seit den 1970er Jahren öffentlich gewidmet und dürfen daher mit bis zu 50 Stundenkilometern befahren werden. Seit jeher hatten die Eigentümer der Reihenhäuser jedoch mit selbst angebrachten Sperrpfosten dafür gesorgt, Autos von ihrem Durchgangsweg fernzuhalten.

"Musste doch mal etwas direkt vor die Haustür geliefert werden, zum Beispiel ein großes Möbelstück, kamen wir mit unseren Schlüsseln zusammen und klappten die abschließbaren Sperrpfosten herunter", erklärt der Anwohner.

Beschwerden schon 2007

Doch diese Lösung fand nicht immer nur Zuspruch. Bereits im Jahr 2007 hatten sich laut der Stadt Zirndorf einige Bürger beschwert, da sie durch die Sperrungen teilweise an der Zufahrt zu ihren Anwesen gehindert wurden. Damals hatte man sich aber einigen können, und die Pfosten blieben stehen.

Anders hingegen verlief es Ende vergangenen Jahres. Erneut hatten sich einige der 72 Eigentümer bei der Stadt beschwert — und die griff diesmal durch. Mit offiziellem Schreiben vom 12. Dezember 2016 wurde den Anwohnern mitgeteilt, dass die metallenen Pfosten ein widerrechtlich angebrachtes Verkehrshindernis darstellten. Bis zum 31. Dezember 2016 sollten sie entfernt werden — oder die Stadt würde es selbst tun.

Dazu kam es dann auch und seitdem richtet sich der Zorn der Pfostenbefürworter gegen die Kommune. "Mehrfach täglich fahren hier Paketlieferdienste und Handwerker, aber auch Anwohner mit bis zu 40 Stundenkilometern hindurch", beschwert sich einer der Eigentümer.

Wer kommt für Schäden auf?

Neben der Gefahr für die Kinder und sich selbst geht es den verärgerten Anliegern auch um die nun beschleunigte Abnutzung der Wege. Diese müssen sie als Eigentümer nämlich auf ihre Kosten instandhalten. Sie sind auch in der Haftung, falls jemand durch die schlechte Beschaffenheit der Wege zu Schaden kommt. Zudem haben die abgesägten Metallpfosten ebenfalls ihren Wert verloren. Einige Bürger haben sich nun zusammengetan und beim Verwaltungsgericht Ansbach Klage gegen die Stadt Zirndorf eingereicht.

Grundsätzlich will man sich von kommunaler Seite nicht zu einem schwebenden Verfahren äußern. Thomas Rieß, Leiter des städtischen Ordnungsamts, sagte aber auf Nachfrage: "Wir sind davon überzeugt, richtig gehandelt zu haben. Sollte das Gericht dem widersprechen, tragen wir dafür selbstverständlich die Konsequenzen."

In dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht, das frühestens im kommenden Jahr stattfindet, wird es im Kern um das Vorgehen der Stadt Zirndorf bei der Entfernung der Pfosten gehen. Die öffentliche Widmung der Wege wird nicht verhandelt.

Sollten die Richter also entscheiden, dass die Stadt die Pfosten wieder aufzustellen hat, ist die Situation deshalb noch nicht geklärt. Ob und wie öffentlicher Verkehr erlaubt ist, bleibt noch offen.