Politischer Aschermitwoch: Kritik an Genossen in Berlin

16.2.2018, 11:31 Uhr
Politischer Aschermitwoch: Kritik an Genossen in Berlin

© Armin Leberzammer

Der Hausherr war nicht amüsiert. Bürgermeister Thomas Zwingel hielt sich bei seinem Grußwort nicht lange mit Nettigkeiten auf. Die Parteigenossen in der Bundeshauptstadt, an diesem Abend von der stellvertretenden Bundesvorsitzenden Natascha Kohnen vertreten, führten zur Unzeit "eine idiotische Personaldiskussion": "Ihr reißt hinten mit dem Arsch ein, was ihr vorne aufgebaut habt."

Er sei kein Freund einer neuen großen Koalition gewesen und hatte nach der Wahl im September den angekündigten Gang in die Opposition als richtig angesehen. Der Rückzieher der FDP bei der Regierungsbildung habe die Lage aber verändert. Vor dem, was in den Koalitionsverhandlungen erreicht wurde, müsse man den Hut ziehen. "Das sind sehr gute Ansätze für die Menschen und die Kommunen in Deutschland", betonte Zwingel. Umso weniger könne er die neuerlichen Querelen nachvollziehen.

Hauptrednerin Kohnen dürfte von der Kritik aus der Basis nicht überrascht gewesen sein. "Die Partei hat in den letzten Tagen nicht immer das beste Bild abgegeben, und den einen oder anderen öffentlichen Kommentar hätte man sich sparen können", räumte die bayerische Landesvorsitzende ein. Sie forderte, dass mit den Personaldebatten, in deren Zentrum der zurückgetretene Vorsitzende Martin Schulz stand, nun Schluss sein müsse: "Bis zur Entscheidung des Mitgliedervotums reden wir jetzt über die Sache und nicht über Posten."

Und die Sache, also der Koalitionsvertrag, sei eine gute. "Seht euch seine 177 Seiten genau an", fordert Natascha Kohnen, "die tragen unsere Handschrift." Wer darin nun den großen Wurf vermisse, dem hielt sie entgegen, dass viele kleine Dinge für die Menschen vor Ort durchaus Positives bewirken können – von der Wohnungs- über die Arbeitsmarkt- bis hin zur Finanzpolitik.

Wie immer die bundesweite Entscheidung der SPD-Mitglieder am Ende ausfallen wird, in Bayern stehen im Herbst Landtagswahlen an. In den Wahlkampf ziehen die Genossen im Freistaat mit Natascha Kohnen als Spitzenkandidatin. Als solche griff sie dann doch noch auf den bewährten Aschermittwochsbrauch zurück und nahm die regierende CSU aufs Korn.

Es sei geradezu grotesk, wenn Noch-Finanzminister Markus Söder verkünde, 2000 neue Wohnungen bauen zu wollen, während er vor Jahren 33 000 GBW-Wohnungen ohne Not verkauft habe. "Das ist eine Verhöhnung derer, die jetzt ihre Mieten nicht mehr bezahlen können und Angst vor dem Verlust ihres sozialen Umfelds haben", findet Kohnen. Wie in anderen Bundesländern auch müssten in Bayern Kreise und Kommunen in die Lage versetzt werden, selbst zu bauen und günstige Flächen vom Freistaat erwerben zu können.

Noch-Ministerpräsident Horst Seehofer stellte sie im Fach Heimat ein miserables Zeugnis aus, also just in jenem Gebiet, das er künftig als Minister in Berlin betreuen soll. "Heimat bewahren heißt, Arbeit, Bildung, Freizeit und Pflege so zu gestalten, dass Menschen sie nicht verlassen müssen", so die bayerische SPD-Vorsitzende. Stattdessen hetze die CSU "für die schnelle Wählerstimme" gegen Minderheiten.

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