Popmusik: „Was zieht, sind die großen Namen“

30.12.2016, 21:00 Uhr
Popmusik: „Was zieht, sind die großen Namen“

© Foto: Bing-Hong Hsiao

Popularmusik meint Pop, Rock, Jazz – oder was gehört noch alles dazu?

Andreas Jäger: Wer sagt, was Popmusik ist? Ich meine, alles, was live funktioniert. Dabei ist die Bandbreite groß, sie reicht von Hip-Hop über Mundart bis zu Elektro. Popularmusik ist einfach Gegenwartsmusik.

 

Was fällt alles in Ihren Aufgabenbereich?

Jäger: Eigentlich unfassbar viel. Ich berate und begleite Musiker und Veranstalter. Ich vermittle Auftrittsmöglichkeiten in ganz Mittelfranken, veranstalte selbst Konzerte sowie Workshops zu verschiedenen Themen.

 

Und das in 19,5 Stunden pro Woche?

Jäger: Damit komme ich nicht wirklich hin. Aber ich will auch niemanden abweisen. Ich bin einen Tag in Ansbach und ansonsten im Bezirk unterwegs. Mein Arbeitstag beginnt um neun Uhr und zieht sich bis in die Nacht. Konzerte finden eben abends statt. Ich habe ein Studium für Wirtschaftsingenieurwesen abgeschlossen und mich mit dem Popularmusikberater für das Herz und vermeintlich gegen die Vernunft entschieden. Diese Chance bekommt man nur einmal.

 

Das heißt, Sie werden als Institution auch wahrgenommen?

Jäger: Ich habe zunächst einmal Kontakt zu Jugendzentren bzw. Jugendhäusern gesucht und ab April meine Initiative „POP! ROT WEISS“ in den sozialen Netzwerken gestartet, mit der ich meinen Aufgabenbereich erläutere. Und inzwischen kommen die Leute auf mich zu, ob das nun Bands sind, die eine Auftrittsmöglichkeit bzw. ein Tonstudio suchen. Aber auch Veranstalter von Dorffesten, oder Bar-Betreiber, die sich nach Musikern umtun.

 

Wie ist es denn um die Musikszene im Landkreis Fürth bestellt?

Jäger: Als ich vor zehn, zwölf Jahren das Gymnasium Langenzenn besucht habe, gab es in so gut wie jeder Klasse Leute, die in einer Band gespielt oder Musik gemacht haben. Ich habe selbst im Landkreis jeden Keller abgespielt. Aber das geht zurück. In Jugendhäusern werden Proberäume nicht genutzt. Die Szene konzentriert sich auf die Stadt. Als der Landkreis heuer seinen „Szene 2016“-Wettbewerb für Nachwuchsbands gemacht hat, wurden extra die Kriterien gelockert. Nur ein Band-Mitglied musste aus dem Landkreis sein, außerdem durften sich auch Musiker aus der Stadt Fürth beteiligen.

 

Ist das Interesse an handgemachter Musik derzeit nicht so groß?

Jäger: Der Trend ist es momentan nicht und anscheinend auch nicht wirklich cool. Ein Beispiel: Ich habe heuer in den Ferienprogrammen von Cadolzburg, Langenzenn und Obermichelbach Schnupper-Workshops angeboten. Für sechs Euro konnte man sich eine Stunde lang mit Unterstützung eines Lehrers an Gitarre, Bass, Schlagzeug oder Piano versuchen. Ziel war es, am Ende gemeinsam einen Song zu spielen. Ich musste alle drei Angebote mangels Interesse absagen. Ich bekomme auch Anrufe von Musikschulen, die mir ihr Leid klagen, weil sie keine neuen Gitarrenschüler haben. Das war früher undenkbar.

 

Und wie reagieren Sie, was ist angesagt?

Jäger: Ich biete Hip-Hop- und DJ-Workshops an, beispielsweise heuer im E-Werk in Erlangen. Die waren ausgebucht.

Musik aus der Dose, ein Video auf YouTube und dann wird gerappt. Das reicht also heute.

Jäger: Ich will die elektronische Musik nicht totreden. Ich bin als Zuhörer da selbst breit aufgestellt. Aber nur allein zuhause sitzen und am Laptop Musik zu machen, das kann es nicht sein. Ich bin selbst im Probenraum sozialisiert worden. Das Miteinander, die ganzen Band-Probleme, die es zu lösen gilt, das ist unfassbar wichtig und charakterlich wertvoll. Aber das geht verloren, der Zug ist fast schon abgefahren.

 

Auf Konzerte muss ich auch nicht mehr, das Netz hält doch alles bereit.

Jäger: Natürlich kann ich mir den Live-Stream eines Online-Konzerts für sieben bis zehn Euro anschauen. Aber zu einem Konzert gehe ich mit Freunden, ich habe die Atmosphäre. Da setze ich mit meiner Arbeit als Bühnenpartner an, etwa beim Nürnberg Pop Festival, wo mehr als 50 Bands aufgetreten sind. Ich betreute ein Café mit 80 Plätzen, das kam gut an. Ich habe mich über die Thematik auch mit Veranstaltern wie dem Konzertbüro Franken unterhalten. Dort heißt es, das klassische Konzert stirbt nicht aus. Es ist aber nicht angesagt, zu lokalen Bands zu gehen. Was zieht, sind die großen Namen.

 

Wie sieht es mit Auftrittsmöglichkeiten im Landkreis aus. Kommen beispielsweise die Veitsbronner Zenngrundhalle oder die Obermichelbacher Bürgerhalle in Frage?

Jäger: Schwierig, da bräuchte man schon rund 200 Zuschauer, dass das was hermacht. Außerdem ist es logistisch und finanziell schwer zu stemmen. Jugendhäuser bieten bessere Möglichkeiten.

 

Im nächsten Jahr ziehen Sie ins Kulturhaus des Bezirks nach Stein um. Was bringt Ihnen das?

Jäger: Das ist super. Ich habe dann nicht nur ein Büro, in das ich auch mal Leute einladen kann, sondern auch einen Raum mit einer Anlage für Veranstaltungen. Außerdem bin ich näher am Großraum dran.

Kontakt: Andreas Jäger, Tel. (01 51) 40 03 85 70, kontakt@pop-rot-weiß.de, pop-rot-weiss.de

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