Prozess: Folterte Rentner eine Fürther Prostituierte?

20.3.2009, 00:00 Uhr
Prozess: Folterte Rentner eine Fürther Prostituierte?

© Hans-Joachim Winckler

Fritz F. überfiel am 29. Februar 2008 die 39-jährige Prostituierte am helllichten Tag – malträtierte sie eine Stunde, bis sie ihm auf ihren Balkon entwischte und lauthals schrie. Der Rentner flüchtete.

Fast ein Jahr nach der Tat sitzt Fritz F. vor dem Schwurgericht, die Staatsanwaltschaft wirft ihm versuchten Mord aus sexueller Lust und gefährliche Körperverletzung vor. Zum Prozessauftakt räumte der Rentner aus dem Nürnberger Norden die Tat im wesentlichen ein, bestritt allerdings das Motiv: Angeblich wollte er die Frau nur berauben – und selbst für seine gefährlichen Waffen hat er eine Erklärung parat. Ein Messer habe er immer einstecken, schließlich sei er gelernter Metzger. Der Elektroschocker? Sei immer im Auto – als Hobbyschiedsrichter könne er sich vorstellen, dass er «mal von Verrückten verfolgt wird«. Und das Klebeband, mit dem er die Frau knebelte? Und warum streifte er sich, als er den Wohnblock betrat, Handschuhe über? «Es war eben kalt, Herr Richter!«

Als Fritz F. am besagten Tag gegen 11.30 Uhr den Wohnblock betrat, wurde er von einer Überwachungskamera gefilmt – eine Technik, die auch die Fahnder auf seine Spur führte. Schon am 1. März wurde er geschnappt, sein eigenes Spiegelbild hatte ihn verraten: Er hatte nach der Tat den Wohnblock via Fahrstuhl verlassen – und richtete sich in der Kabine vor dem dortigen Spiegel die Frisur. Dass er dabei gefilmt wurde, ahnte er nicht. Doch bereits am nächsten Tag wartete er daheim auf die Polizei – mit einem Foto aus dem Material der Überwachungskamera war in der Zeitung nach ihm gesucht worden. Seine Mutter legte ihm den Ausschnitt auf den Frühstückstisch.

«Prostituierte haben mich nie interessiert«, sagte er zunächst im Gerichtssaal. Dann geriet er ins Plaudern, schilderte, dass «er sich einen Spaß mit Telefonstreichen« machte. Mit Kollegen aus dem Vermessungsamt, dort hatte er zuletzt eine Zeit lang gearbeitet, wählte er einschlägige Nummern aus dem «Sonnenhof«, nach einigen indiskreten Fragen legten die Anrufer auf. Dann ergänzte er, mehrfach bei dem Model «Pia« gewesen zu sein, er habe gerne Massagen wegen seiner Arthrose gebucht und dies mit «Handentspannung« verbunden.

Die 39-jährige Britta hatte ihn nicht gekannt. Sie lebte erst eine Woche in Fürth. Seit dem Vorfall hat die Frau nicht mehr gearbeitet, noch heute, so erzählte sie im Gericht, erschrickt sie vor älteren Männern in der Stadt. Nach den Attacken wurde sie eine Woche im Krankenhaus behandelt, noch heute fehlt ihr ein Stück Finger. (Weitere Bericht im Regionalteil dieser Zeitung)