Qual der Wahl: Parteien lauern in der Fürther City

19.9.2017, 06:00 Uhr
Qual der Wahl: Parteien lauern in der Fürther City

((Platzhalter) Langweiliger Wahlkampf? Davon will hier keiner etwas hören. Das Gegenteil ist der Fall, beteuern die Straßenaktivisten — und ein paar Stunden Pendeln zwischen ihren Ständen legt den Verdacht nahe: Nein, tatsächlich zeigen die Passanten der Politik keineswegs durch die Bank die kalte Schulter; etliche unterbrechen ihren Einkaufsbummel, um sich zu informieren.


Hier finden Sie alles rund um die Wahl und Kurz-Porträts der Fürther Direktkandidaten.


Es ist allerdings auch ziemlich schwer, den lauernden Parteiabgesandten an diesem Samstagvormittag zwischen Neuer Mitte und Bratwurstbude zu entgehen. Alle paar Meter ist auf der Flaniermeile einer der fünf Stände platziert, an denen die Helfer von CSU, SPD, Grünen, Linken und FDP mit meist gewinnendem Lächeln Botschaften, Broschüren, bunte Luftballons und allerlei Werbetand unters Volk zu bringen versuchen. Wahlkampf auf Sicht, die Konkurrenz immer scharf im Visier.

"Gute Gespräche"

Die Analysen ähneln sich: "Positiv" sei die Resonanz, heißt es, "gute Gespräche" könne man verbuchen, immer wieder werde sachlich nachgefragt oder diskutiert. Top-Themen sind Rentensorgen, Angst vor Altersarmut und Arbeitslosigkeit – also genau das, was im viel kritisierten TV-Duell zwischen Merkel und Schulz weitgehend ausgespart wurde.

Nun ja, und gelegentlich bricht sich auch mal der Volkszorn Bahn. Jung-Unionist Michael Hofmann muss am CSU-Stand gerade die Tiraden eines älteren Herren über sich ergehen lassen, der sich über die in seinen Augen viel zu undurchdachte Energiewende ereifert. "Die Leute werden für dumm verkauft!", schimpft der Mann. "Das war jetzt eine sehr schwere Unterhaltung", stöhnt der 23-Jährige.

Ja, Wahlkampf kann sehr anstrengend sein, meistens aber macht er den Beteiligten Laune. Auch dem Debütanten Niklas Haupt (31), der als Direktkandidat der Linken ins Rennen geht. "Unangenehm", gesteht Haupt, zuvor jahrelang in der Fürther Antifa aktiv, sei es ihm anfangs noch gewesen, dass sein Konterfei flächendeckend in der Stadt hängt; dass er dermaßen offensiv auf die Leute zugehen muss. "Inzwischen aber macht das Spaß."

Zumal er und seine Partei "viel Feedback" bekämen. Von hohen Mieten über Ausbildungsprobleme bis hin zum Türkei-Konflikt und, so Haupt, sehr oft zur Flüchtlingsfrage reicht die Palette. Viel Raum, um linke Positionen wie Bekämpfung der Fluchtursachen und Stopp der Waffenexporte in den Fokus zu rücken.

"Europa, Familie, Rente, Bildung – alles querbeet" – am Stand der SPD ein paar Meter weiter sei das Themenspektrum bunt gemischt, so SPD-Helfer Luca Schallenberger. Zarte 15 Jahre alt ist er und damit der jüngste Unterstützer weit und breit. Mit ihm werben Peter Scheuenstuhl (21) und Juso-Chef Alexander Fuchs (25) um die Wählergunst – ein auffällig frisches Team, sehr zur Begeisterung von OB Thomas Jung: "So viele junge Leute waren seit 20 Jahren nicht mehr an einem SPD-Stand."

Auch einer Frau mittleren Alters sagt das sichtlich zu. Aber sie muss gar nicht erst überzeugt werden, immer schon hat sie die Sozialdemokraten gewählt. Und diesmal erst recht, wegen Martin Schulz. "Gerade, weil der keinem liegt", ruft sie beim Gehen feixend.

Einen Steinwurf entfernt versuchen die Grünen, Punkte zu machen, "wir strengen uns unheimlich an", sagt Stadträtin Barbara Fuchs. Klar, in den Umfragen sieht es für ihre Partei nicht rosig aus. Viele aber seien noch unentschlossen, haben Fuchs und ihre Mitstreiter beobachtet; darauf setzen sie. Ebenso wie die Linken haben die Grünen ein großes Ziel: Die rechtspopulistische AfD darf nicht drittstärkste Kraft werden, sondern sie. Alles andere, ist Fuchs überzeugt, wäre verheerend für den Ruf Deutschlands.

In einer Hinsicht immerhin liegen die Grünen schon jetzt ganz vorn: Nicht nur die obligatorischen Stifte gibt es an ihrem Stand, sondern auch Fahrradflickzeug und -klingel sowie einen Kochlöffel — natürlich ökologisch korrekt aus Holz gefertigt.

Ein bisschen Werktätigen-Image kann nicht schaden

Da können die Liberalen nebenan nicht mithalten, sie präsentieren sich auch am deutlich kleinsten Stand. Dafür aber, sagt FDP-Direktkandidat Franz Fleischer, waren sie die ersten vor Ort. Schon acht Wochen vor dem Wahltermin trommelten sie in der Fußgängerzone in eigener Sache. Und die FDP hat ein weiteres Alleinstellungsmerkmal: Der selbstständige Kfz-Meister Edmond Kulhei wirbt demonstrativ im Blaumann für seine Partei. Ein bisschen Werktätigen-Image kann einer Partei mit der Aura der Unternehmerfreundlichkeit schließlich nicht schaden.

Auch Fleischer zeigt sich vom Wahlkampf des Jahres 2017 angetan. 2013, als er das erste Mal antrat, habe er noch mit "extrem negativen" Reaktionen zu kämpfen gehabt. Diesmal "keine Spur davon", im Gegenteil: "Die Leute kommen auf einen zu und wollen reden." Sagt’s und ist wenig später ins nächste Gespräch vertieft.

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