Remarques Romanfigur: Spur führt nach Langenzenn

14.3.2016, 21:00 Uhr
Remarques Romanfigur: Spur führt nach Langenzenn

© Foto: Leberzammer

Zwischen dem weltberühmten Schriftsteller und einer Bürgerin der Stadt im Zenngrund besteht eine Verbindung, von der lange Zeit nur ganz wenige wussten. Die Lebensgeschichte von CSU-Stadträtin Andrea Barz’ Vater, Ludwig Korn, diente Remarque als Vorlage für den 1941 erstmals erschienen Roman.

In dem Werk heißt der Protagonist nur leicht abgewandelt Kern. „Davon abgesehen ist die Geschichte schon nahe dran an der meines Vaters“, berichtete Barz im Anschluss an die Lesung im Wolfgang-Borchert-Gymnasium. Wegen seines jüdischen Glaubens flüchtete Remarques Hauptfigur, ein 21-jähriger Student, noch vor dem Kriegsausbruch aus Deutschland, findet aber in keinem europäischen Land lange Aufnahme.

Eindrucksvoll brachte das Ensemble der Langenzenner Projektgruppe Leselust das Schicksal des Emigranten vor Schülern und Vertretern aus Politik und Gesellschaft auf die Bühne. „Ich kann das Wort ‚Emigrant‘ schon nicht mehr hören“, klagt Kern, als er sich mit anderen Flüchtlingen in einem Prager Hotel aufhält. Er solle sich nicht grämen, meint sein Zimmergenosse. Dante, Schiller oder Heine mussten ebenfalls aus ihrer Heimat auswandern. „Damit sind wir in bester Gesellschaft.“

Kein Trost für den jungen Mann, der zwischen der Tschechoslowakei, Österreich und der Schweiz hin und her geschoben und dabei immer wieder für mehrere Wochen wegen Visa- und Passvergehen in Haft genommen wird. „Die Grenzen sind ja unsere Heimat“, muss Kern resigniert feststellen. Für Deutschland existieren die jüdischen Emigranten nicht mehr — ihnen wurde die Staatsbürgerschaft entzogen. „Und für die übrige Welt sind wir nur ein Objekt der Polizei.“

Selbst ein mitfühlender Schweizer Richter vermag ihm nicht zu helfen, weil er an Paragrafen gebunden ist. Er hat einen Sohn in Kerns Alter und kann sich nicht vorstellen, dass dieser „herumgejagt wird aus keinem anderen Grund als geboren zu sein“.

Auf der Flucht verliebt

Für Kern und die junge Frau, in die er sich auf der Flucht verliebt hatte, gibt es letztlich einen halbwegs versöhnlichen Abschluss mit der Ausreise nach Mexiko. Ludwig Korn dagegen hat in der NS-Zeit seine gesamte Familie verloren. Seine nach dem Krieg geborene Tochter berichtet, die Erfahrung von Verfolgung und Flucht habe ihn nie losgelassen. „Er hat ein sehr unstetes Leben geführt, immer in Hotels gewohnt und konnte nachts nicht schlafen, ohne dass Licht brannte“, so Barz. Sein Schicksal und das seines literarischen Alter Ego seien eine Mahnung für die heutige Zeit: „Viele Menschen erleben das genauso wieder.“ Flucht und Vertreibung könne prinzipiell jeden treffen. Deshalb gehe ihr die aktuelle Flüchtlingskrise sehr nahe.

Barz forderte nicht nur zu Hilfe und Mitgefühl auf, sondern mahnte die Schüler auch vor fremdenfeindlichen Sprüchen und Einstellungen. „Hinterfragt alles und glaubt keinen platten Parolen.“

Keine Kommentare