Roßtal bekommt Post von der Bundeskanzlerin

18.9.2016, 11:00 Uhr
Roßtal bekommt Post von der Bundeskanzlerin

© Foto: Claudia Wunder

Was bedeutet „daheim“ oder „auf der Flucht“ zu sein, was und wo ist „Heimat? Das Thema Flüchtlinge und Integration bewegte gerade und verstärkt in den vergangenen zwölf Monaten auch die evangelische Kirchengemeinde St. Laurentius. „Es hat die Menschen hier sehr beschäftigt, Solidarität und Hilfsbereitschaft sind groß und zu Vorträgen zu dem Thema waren regelmäßig 50 bis 60 Zuhörer da“, berichtet Pfarrer Jörn Künne.

„Und so lag es nahe, auch für das Gemeindefest das Motto ,Unsere Heimat – ganz nah und weit fort‘ aufzugreifen“, erklärt er. „Wir wollten deutlich machen, dass wir weltweit verflochten sind und enger miteinander verbunden sind, als man denkt.“

Bereits in den 1960er Jahren hatte der amerikanische Psychologe Stanley Milgram die Behauptung aufgestellt, dass jeder Mensch jeden beliebigen anderen über durchschnittlich sechs Ecken kennt. Der Forscher hatte 296 Personen gebeten, einen Brief an eine ihnen unbekannte Person zu schreiben, diesen aber nicht direkt zu senden, sondern einem Freund, Kollegen oder Bekannten, von dem sie glaubten, dass er den Empfänger kennen könnte.

Die Ketten, die zum Empfänger führten, hatten eine mittlere Länge von sechs Personen. Auch wenn vielfach kritisiert: Das Kleine-Welt-Phänomen war geboren und beschäftigt Forscher bis heute. Auch den Roßtaler Pfarrer.

Das Experiment sollte daher nun beim Gemeindefest nachvollzogen werden. Die Kirchenvorsteher sammelten rund 200 Namen von mehr oder weniger berühmten Persönlichkeiten aus Sport, Film, Politik und der Musikbranche. Künne formulierte einen Brief mit Grüßen von der Kirchengemeinde und dem Markt sowie ein Begleitschreiben mit Erklärungen für den Absender und der Bitte, die Gemeinde zu informieren.

Am Ende des Tages fehlten 50 Namen auf der Liste. „Ein Besucher hat zum Beispiel erzählt, er kenne jemanden, der in Amerika neben der Schwester von Barack Obama wohne“, erzählt Künne. Nun, der amerikanische Präsident hat noch nicht geantwortet – dafür aber die Bundeskanzlerin.

„Angela Merkel war die Erste und bislang auch Einzige, die uns geschrieben hat“, sagt der Pfarrer und zeigt nicht ohne Stolz die Antwort von Deutschlands mächtigster Frau: eigenhändig unterschrieben und auch die Anrede „Lieber Herr Künne“ handschriftlich angefügt.

Tobias Winkler, Roßtaler und Leiter des Münchener Informationsbüros des Europäischen Parlaments, hatte den Brief direkt an die Bundeskanzlerin geschickt. Nun wartet man in der Gemeinde gespannt auf weitere Antworten. Vielleicht auch von Barack Obama.

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