Roßtal: Straße für den „Eckstaa“

30.6.2016, 06:00 Uhr
Roßtal: Straße für den „Eckstaa“

© Foto: privat

„Ich habe ihn geliebt. Er war immer loyal zu uns Kindern“, sagt Frieda Wiedner. Die 79-Jährige erinnert sich noch daran, wie Hans Eckstein einmal mit seinem Wagen angefahren kam und, als er die nach einer Überschwemmung im Wasser spielenden Kinder sah, sich die Schuhe auszog und mitmachte.

Hans Eckstein, von vielen älteren Roßtalern einfach nur „der Eckstaa“ genannt, hat sich wie wohl kein anderer Bürgermeister um den Ort verdient gemacht. Als parteiloser Kandidat versprach der gelernte Maurer und Baumeister 1924, alle dringenden Probleme Roßtals zu lösen. Zu dieser Zeit gab es weder eine Schule noch ein Rathaus. Wasser holten die Menschen am Brunnen, ein moderner Straßenbau existierte nicht.

Schon nach sechs Jahren Amtstätigkeit hatte der 1885 geborene Eckstein diese Projekte umgesetzt oder in Angriff genommen. Roßtal verfügte nun über die Infrastruktur, um als verkehrsgünstig gelegenes Siedlungsgebiet Menschen anzuziehen.

Um diese Verdienste Hans Ecksteins zu ehren, will der Marktgemeinderat nun eine Straße nach ihm benennen. 17 von 19 Gemeinderäten stimmten dafür, die künftige Straße im Baugebiet „Sozialzentrum Roßtal“ Eckstein zu widmen. Auf dem Gelände zwischen Fürther Straße und Stöckacher Straße will die Awo Schwabach-Roth ein Seniorenwohn- und Pflegeheim mit angeschlossenem Betreutem Wohnen betreiben. Deshalb gab es auch Überlegungen, die Straße nach dem ehemaligen Awo-Vorsitzenden Willi Gögelein zu benennen. Hans-Günther Fischhaber (FW) merkte in der Sitzung aber an: „Wenn eine Straße nach einem Roßtaler Bürger benannt werden soll, so muss Hans Eckstein an erster Stelle stehen.“

Hans Eckstein konnte seine politischen Erfolge kaum genießen. Als Bürgermeister wurde er 1933 von den Nationalsozialisten abgesetzt. Frieda Wiedner, die damals am Marktplatz wohnte, ist sich sicher: Sie war eine der Letzten, die Eckstein lebend sah. Am 28. Februar 1945 sei er mit seinem Wagen durch den Ort gefahren, Wiedner winkte ihm. Dann, gegen 16.30 Uhr, wurde der 59-jährige am Weinzierleiner Berg von einem amerikanischen Tiefflieger überrascht. „Der Eckstaa ist tot!, riefen alle umeinander. Das werde ich nie vergessen“, sagt Wiedner.

Ecksteins Enkel ist Johann Völkl, der heutige Bürgermeister von Roßtal. Seinen Großvater hat Völkl nie kennengelernt, doch seine Mutter und Großmutter erzählten viel von ihm. Bei Kriegsende wollten drei hohe amerikanische Offiziere Eckstein sprechen. Er sollte als „Unbelasteter“ als Landrat eingesetzt werden. Nachdem Ecksteins Witwe Johanna die Offiziere über den Tod ihres Mannes informiert hatte, legten sie spontan ihre Mützen vor einem Porträtfoto Ecksteins für eine Schweigeminute ab. Das geschah im Esszimmer des im Volksmund so genannten Schlosses am Marktplatz, in dem Gebäude, in dem Ecksteins Enkel Johann Völkl heute noch lebt.

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