Roßtaler schreibt seinen Mitspielern die Rollen auf den Leib

6.1.2017, 13:00 Uhr
Roßtaler schreibt seinen Mitspielern die Rollen auf den Leib

© Foto: Lisa Fiedler

Wenn Rainer Gegner erzählt, wie er zum Autor wurde, hört sich das ganz einfach an. „Wir hatten keine Lust mehr auf Bauerntheater und machten uns vor allem im Internet auf die Suche nach anderen Stücken.“ Diese erwies sich als schwierig – denn die Manuskripte kosteten alle etwas. „Wir sind eine Laiengruppe, die aus purer Freude Theater spielt, einen großen Etat haben wir nicht“, erklärt Gegner. Und insgeheim, verrät er grinsend, dachte er sich damals: „Das kann ich doch auch selber.“

Im Italien-Urlaub hatte Gegner den Laptop dabei. Mit Blick auf’s Meer und entspannt im Liegestuhl tippte er also einfach drauf los. Am Ende des Urlaubs war das erste Stück fertig: „Gegen Oma ist kein Kraut gewachsen.“ Seinen Mitspielern verkaufte er das Manuskript zunächst mit einem Trick: „Ich hab’ einfach gesagt, dass ich es im Internet gefunden habe.“ Erst als die Laienspieler unisono begeistert waren, verriet Gegner seine Urheberschaft.

Die Ernüchterung folgte auf dem Fuß: „Nach der Uraufführung war für mich klar, dass das eine Eintagsfliege bleiben würde.“ Im Nachhinein, sagt er selbstkritisch, habe er schlichtweg alle Anfängerfehler begangen, die man machen könne, viel zu lange Monologe etwa.

Und doch: „Ich hatte dann Blut geleckt und wollte weitermachen – aber mir war klar, dass ich einiges anders machen muss“, sagt Gegner. Er besuchte ein Drehbuchseminar in München. „Seitdem arbeite ich viel strukturierter, achte auf kurze, prägnante Dialoge.“ Hier kommt der Informatiker durch: Noch kein einziges Werk habe er per Hand geschrieben, alle am Laptop. „Ein großer Vorteil ist, dass ich meine Schauspieler oft seit vielen Jahren kenne und ihnen die Rollen auf den Leib schreiben kann“, so Gegner.

Der Denkprozess zu möglichen Inhalten, erklärt der 43-Jährige, laufe stetig. Seit 2012 setzt er sich zudem mit Theaterkollegin Sabine Schoberth zusammen, um beim Brainstorming auf Flipcharts Ideen für neue Stücke zu finden. Der konkrete Schreibprozess an sich, wenn das Gerüst steht, dauert dann in etwa zwei Wochen. „Da sitze ich dann tatsächlich täglich drei bis vier Stunden am Laptop und tippe“, sagt er.

Vor der Uraufführung findet man Rainer Gegner übrigens „wie ein aufgescheuchtes Huhn“ auf- und ablaufen. Lampenfieber? „Ja“, gibt er lachend zu, „und zwar gleich zweifach“: als Autor und als Schauspieler.“

Bei der Premiere sei die größte Aufregung für ihn, wie das Stück beim Publikum ankomme. Wenn die Lacher an den passenden, manchmal auch nicht vorgesehenen Stellen kommen, der Applaus aufbrandet, dann ist Gegner glücklich. Beim eigenen Auftritt geht’s um das Bangen: „Hoffentlich vergesse ich meinen Text nicht.“

Wenn die Theatergruppe, die er zudem seit 2011 leitet, jedes Jahr Ende Dezember ihr aktuelles Stück auf der Weihnachtsfeier des Turnvereins zum ersten Mal präsentiert, liegt hinter den Laienschauspielern ein wahrer Probenmarathon. Mitte September beginnen die wöchentlichen Treffen im Turnerheim. Zeitgleich werden im Gegnerschen Keller die Kulissen angepasst und neue Requisiten gebastelt. Für das aktuelle Stück „Der Murkser von Roßbach“ hat sich der Autor ganz besondere Spezialeffekte einfallen lassen. Es gehe, deutet er vage an, um eine Zeitreise.

„Nach der letzten Aufführung“, lacht Gegner, „will ich allerdings drei bis vier Monate überhaupt nichts mehr mit Theater zu tun haben.“ Bis die ersten Ideen für das nächste Stück kommen. Warum er sich den Stress antut? Gegners Augen leuchten: „Weil es einfach klasse ist, auf der Bühne vor 300 oder 400 Menschen zu stehen und auch noch ein selbstgeschriebenes Stück zu spielen. Das hätte ich nie gedacht, dass ich das mal schaffe.“

Weitere Termine: 6. Januar, 14.30 Uhr, Mittelschule Roßtal; 8. Januar, 14.30 Uhr, Mittelschule Roßtal; Einlass jeweils 14 Uhr; 22. Januar, 15 Uhr (Kaffee ab 13.30 Uhr) Pfarrscheune Großhabersdorf; Eintritt frei, Spenden für karitative Organisationen erbeten.

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