Roßtalerin steht mit 84 Jahren noch auf der Bühne

5.1.2016, 11:00 Uhr
Roßtalerin steht mit 84 Jahren noch auf der Bühne

© Foto: Sabine Rempe

„Als Kind war ich furchtbar schüchtern“, erinnert sich Anna Erben, die in Roßtal alle liebevoll Anni rufen. Ihre Zurückhaltung sei so weit gegangen, dass sie einst nicht mehr zum Kindergottesdienst gehen wollte: „Ich hatte damals mitbekommen, dass wir Weihnachten ein Gedicht aufsagen sollten. Da wäre ich aber lieber gestorben – also bin ich nimmer hin.“

Aus dem Mädchen wurde eine junge Frau, die ihren Mut zusammennahm, als sie 1947 zum ersten Mal gefragt wurde, ob sie nicht bei einem kurzen Sketch mitwirken wolle. Sie sagte zu. „Und auf einmal ist es gegangen“, erzählt sie und klingt dabei heute noch ein wenig verwundert.

Rainer Gegner, der die fleißige Truppe leitet, die im TV Roßtal Theater macht, kennt wie viele andere Anni Erben als zuverlässige Mitwirkende in ungezählten Schwänken und Aufführungen. „Sie darf einfach nicht fehlen“, versichert der 42-Jährige. „Sie übernimmt doch stets die Rollen als Mutter oder Großmutter.“

Anni Erben muss lachen. „Ganz früher habe ich eigentlich auch nie das verliebte Mädchen gespielt.“ Sie sei viel mehr in lustigen Rollen zu sehen gewesen. Was war denn ihre liebste? Eine schnelle Entscheidung: „Als wir ,Das weiße Rößl‘‘ gespielt haben, da waren der Sigismund und ich auf der Bühne ein Liebespaar. Aber ich habe als sein Klärchen ganz arg gelispelt und wollte deshalb am liebsten immer nur Ja oder Nein sagen.“ Die 84-Jährige schmunzelt: „Das war auch so eine ganz schöne Aufführung, die Kulissen waren wunderbar.“

Das war freilich nicht immer so. „Nach dem Krieg da hatten wir gerade mal einen Tisch und einen Stuhl – das war alles.“ Woran es nie mangelte, war der Spaß am Theater spielen. Hans und später Erwin Hemmeter setzten sich zum Beispiel mit viel Engagement dafür ein, dass die Tradition weitergeführt wurde. Heute kümmert sich eine junge Gruppe darum, die ganz selbstverständlich auf Anni Erbens Mitwirkung baut.

Auf Ehrenplätzen

Sie selbst hat nicht gezählt, in wie vielen Stücken sie insgesamt dabei war. Als junge Frau musste sie in den 50er Jahren für eine Weile pausieren, aber: „In den vergangenen zwanzig Jahren habe ich auf jeden Fall immer mitgemacht – da war ich tatsächlich stets die Oma.“ Manche Schwänke bekamen einen Ehrenplatz im Repertoire der TVR-Theatergruppe. „,Die alte Kommode‘ haben wir mehrmals aufgeführt“, sagt Anni Erben, „und ,Die Wasserkur‘ auch, da hatte ich so viel Text zu sagen. 1993 hat dann sogar mein Enkel Manuel mitgespielt.“

Rainer Gegner lobt: „Sie ist stets die Erste, die ihren Text auswendig kann und zwar Wort für Wort. Wir anderen improvisieren manchmal ein bisschen . . .“ In der aktuellen Produktion mit dem verheißungsvollen Titel „Liebe und andere Wahrheiten“ tritt Anni Erben als beste Freundin der kürzlich verstorbenen Krämerladen-Seniorenchefin Kunigunde auf. „Sie weiß über alles im Dorf Bescheid und ist a weng neugierig“, erklärt Gegner, der Autor des Stückes, das in einem anheimelnden Tante-Emma-Laden spielt.

Das Theater-Team sei eine richtig gute Mannschaft, freut sich Rainer Gegner: „Die Aufführungen sind unser Herbstvergnügen.“ Inspirieren lässt sich der fleißige Text-Dichter, der von Beruf Informatiker ist, auch in seinem neuen Stück am liebsten „vom täglichen Leben und davon, dass ich die Leute ein bissl beobachte“.

Ein Rezept, das gut ankommt. Längst absolviert die TVR-Theatergruppe unter der Regie von Peter Bauer mehrere Auftritte. Nach der Premiere bei der großen Vereins-Weihnachtsfeier folgen jetzt die Vorstellungen am 6. Januar (14.30 Uhr) und am 9. Januar (14.30 Uhr), jeweils in der Aula der Mittelschule Roßtal. Am 10. Januar wird in der Pfarrscheune Großhabersdorf (15 Uhr, ab 13.30 Uhr Kaffee und Kuchen) gespielt. Der Eintritt ist jeweils frei, Spenden kommen bei den verschiedenen Terminen jeweils dem Diakonieverein Roßtal, dem Förderverein AWO Pflegeheim Roßtal und dem AWO Ortsverein Großhabersdorf zu Gute. Und weil nach der Aufführung vor der nächsten Premiere ist, denken die Mitspieler schon wieder an das kommende Stück. „Aber ich mache dann nicht mehr mit“, sagt Anni Erben. Sie sage das zwar jedes Jahr, aber nun sei es ihr ernst. Rainer Gegner nickt. „Aber du kannst dir ganz sicher sein, dass wir wieder bei dir anklopfen werden. Du weißt doch: Du gehörst dazu.“

www.tvr-theatergruppe.de

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