Saftige Geheimnisse

24.3.2014, 15:15 Uhr
Saftige Geheimnisse

© Hans-Joachim Winckler

Acht Frauen. Und kein Mann auf der Bühne. Klingt doch erst einmal nach einem Paradestück für selbstbewusste Weiblichkeit — wäre da nicht ein kleiner Schönheitsfehler. Alles, aber wirklich restlos alles, dreht sich um einen Kerl. Der bleibt zwar unsichtbar und hat dummerweise ein Messer im Leib, ist aber dennoch Dreh- und Angelpunkt für jeden Winkelzug der versammelten Schwestern, Schwägerinnen, Mütter, Töchter, Dienstmädchen, Ehefrauen oder Zweitfrauen.

Zum „Bühne-Erholung“-Ensemble zählen allerdings im Grunde sogar neun Frauen: Miss Marple mischt zumindest im Geiste aufs Heftigste mit. Angefangen von der Szenerie — ein eingeschneites Landhaus zur Weihnachtszeit — bis zum Versuch, einen höchst delikaten Fall aufzuklären, trägt hier alles die unverkennbare Handschrift jener legendären Hobbydetektivin. Das verleiht dem Spiel der spürbar begeisterten Amateurdarstellerinnen einen vertrauten Rahmen, der für einen doppelten Schuss Nostalgiecharme sorgt.

Dem französischen Autor Robert Thomas, der 1989 61-jährig starb, glückte mit seinem Bühnenstück „Acht Frauen“ ein Erfolg, den er selbst nicht mehr genießen konnte. Richtigen Auftrieb bekam sein Krimispaß nämlich erst dank der Verfilmung durch Francois Ozon, der den Stoff 2002 zur Grundlage seines gleichnamigen Films machte, bei dem die Elite französischer Leinwand-Diven antrat. Eine solche Vorlage trägt für jegliche Nachfolge freilich ein schwer kalkulierbares Risiko, weil sich der Versuch einer Nachahmung im Prinzip von vorneherein verbietet, eine komplett selbstständige Neugestaltung sich umgekehrt aber ebenso als Kraftakt erweist.

Klaus Hoffmann geht kein Risiko ein und inszeniert einen grundsoliden Abend mit hochmotivierten Mitwirkenden (Elke Pusl, Laura Beyer, Susanne Lauterbach, Brigitte Riemann, Bianca Otto, Johanna Eberle, Edith Wendler und Laura Leicht, die sich mit Tabea Mewis abwechselt). Die offenkundige Spielfreude aller Beteiligten verleiht dem Auftritt seinen Reiz. Komplizierter wird es bei den pointierten Dialogen, die hier zeitweise dazu verführen, in Ping-Pong-Manier gesprochen zu werden. Tempo ist eine feine Sache, aber die sensible Kunst, präzise gesetzte Pausen zu machen, lässt Gags erst funkeln. Ein Punkt, an dem gefeilt werden könnte.

Seinen Reiz bezieht das Stück ganz fraglos aus einem schlau gemixten Set von Dauerbrennerthemen: Es geht um Geld, Sex, Eifersucht, Streit, Hass und Liebe. Nach und nach werden diverse Lebenslügen und saftige Geheimnisse aufgedeckt. Oder auch nicht. Einige intime Untiefen bleiben den Zuschauern im Grünen Baum diesmal verborgen. Das ist schade. Dem Aufdecken des heiklen Beziehungsgeflechts zwischen den acht Frauen hätte mehr Spielraum gegeben werden dürfen. Diese Frauen sind keine Engel. Darin liegt der Reiz der Sache und das sollte man sich trauen, beherzt zu zeigen.

Richtig gut gelingt es Regie und Darstellern, mit dem sehr knappen Bühnenraum im Grünen Baum umzugehen. Wege und Aktionen müssen einfach sehr exakt ausgeklügelt sein, damit nicht eine der anderen im Weg steht. Das klappt prima und wirkt völlig selbstverständlich, was durchaus einem kleinen Kunststück gleichkommt. Wenn dann endlich die große, fette Schlusspointe enthüllt ist, bleibt beim Zuschauer eine Spur von Verständnis gepaart mit Mitleid zurück — für den armen, unbekannt gebliebenen Mann, der zweifellos auch einiges zu ertragen hatte.

Weitere Informationen: www.buehneerholung.de

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