Schleichender Abschied von heimischen Bäumen

26.4.2017, 16:00 Uhr
Schleichender Abschied von heimischen Bäumen

© Foto: Hans-Joachim Winckler

Dirk Osterloh muss nicht lange nachdenken. "Den Umständen entsprechend", lautet die prompte Antwort des städtischen Baumpflegers. Er hat vor allem die rund 8000 Straßenbäume im Blick, unter seiner Obhut wachsen aber auch die Gehölze im Stadtpark. Beinahe alle leiden unter widrigen Bedingungen. "Der Klimawandel und die beiden vergangenen Sommer, die zu warm und trocken waren, machen ihnen zu schaffen", erklärt Osterloh. Immer enger werde es in der Stadt außerdem – die zunehmende Bebauung und Nachverdichtung gehe auch auf Kosten der Bäume.

Man bemühe sich, mit einigen Maßnahmen gegenzusteuern. Etwa, indem seit Jahren robustere Bäume gepflanzt werden. Die Robinie und die Platane fallen darunter; seit einiger Zeit sind auch der Japanische Schnurbaum und der Amerikanische Amberbaum auf dem Vormarsch. Sie stammen aus Gebieten mit eher trockenem Klima und kommen deshalb damit zurecht, wenn die Niederschläge immer öfter ausbleiben.

Außerdem versucht das Grünflächenamt, die Bedingungen der Stadtbäume zu verbessern. Etwa, indem es Jungpflanzen besonderes Substrat bereitstellt, das Wasser besser speichert als der heimische sandige Boden. Zudem bekommen frisch gepflanzte Gehölze oftmals über die obligatorischen ersten fünf Jahre hinaus einen regelmäßigen Guss von rund 250 Litern aus dem Wässerfahrzeug. Erst kürzlich hat das Grünflächenamt sein altes Gefährt durch ein neues ersetzt. "Jetzt müssen wir prüfen, ob es ausreicht oder ein weiteres nötig ist", sagt Osterloh. Inzwischen seien nämlich nicht nur die Sommer zu trocken, auch auf das restliche Jahr verteilt regne es zu wenig. "Wir wässern mittlerweile von Anfang April bis Ende Oktober."

Schleichender Abschied von heimischen Bäumen

© Foto: Petra Fiedler

Ersehnte Regengüsse

Auch Raymund Filmer kennt das Problem der immer öfter ausbleibenden Regengüsse –  allerdings hilft Bewässern in seinem Fall nicht. Darum setzt Filmer, der beim Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten als Förster für den nördlichen Landkreis zuständig ist, ebenso wie Osterloh auf eine langsame Anpassung der Pflanzen an die sich verändernden Klimaverhältnisse. Sprich: Wenn Bäume in seinem Waldgebiet die Trockenheit nicht überstehen, werden sie durch robustere Arten ersetzt, ebenso wie Bäume, die der Holzgewinnung zum Opfer fielen. Auf Jahrzehnte betrachtet könnten diese Maßnahmen das Bild unseres Waldes verändern. Der jetzt noch vorherrschende Nadelwald könnte zum Mischwald mit zunehmend mehr Laubgehölzen werden.

Anstelle von Kiefern, von denen bereits jetzt schon bis zu 90 Prozent durch Trockenheit und Schädlinge stark angegriffen sind, dürften dann Eichen, Rotbuchen, Ahorne, Linden oder Hainbuchen wachsen. Sie stammen eher aus wärmeren Regionen als Nadelbäume und seien robuster, was Wasserknappheit angeht, erklärt Filmer.

Das sollten Bäume, die in unseren Gefilden alt werden sollen, auch aus einem anderen Grund sein. Denn: Auf eine geschwächte Pflanze lauern weitere Gefahren. Pilzerkrankungen etwa oder Schädlinge wie der Borkenkäfer. Letzterer stellt bayernweit ein großes Problem vor allem für die Fichten dar. Besonders im Süden des Freistaats, berichtet Filmer, seien viele Gebiete befallen.

Verschärfen könnte sich die Lage, wenn der Regen weiterhin ausbleibt. "Die Bäume konnten während des Winters ihre Wasservorräte nicht auffüllen", klagt Filmer. In den kommenden Wochen – und damit noch vor Beginn des ohnehin trockenen Sommers – seien Niederschläge dringend nötig. Bereits jetzt bangt Filmer ein wenig um die kürzlich gepflanzten Jungbäume. "Sie bräuchten dringend einen ausgiebigen Guss von oben."

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