Schuh-Fetischisten und Leim-Souvenirs

22.9.2014, 11:00 Uhr
Schuh-Fetischisten und Leim-Souvenirs

© Thomas Scherer

Franken und die Literatur. Da fällt uns wer ein? Hans Sachs, Georg Philipp Harsdörffer und Fitzgerald Kusz. Und sonst? Nun ja, Letzterer war auch beim Autorenverband Franken dabei. Vor 50 Jahren, am 12. Februar 1963, hatte Georg Harro Schaeff- Scheffer den „Fränkischen Autorenkreis“ in Würzburg gegründet. Im Sommer benannte man sich um in „Verband Fränkischer Schriftsteller“, seit dem Jahr 2001 firmiert man unter dem Titel „Autorenverband Franken“.

„Zurzeit gehören etwa 115 Autoren dem Verband an“, schätzt die Vorsitzende Irmi Kistenfeger-Haupt. „Dabei sind wir mit der regionalen Zugehörigkeit nicht so streng. Wir haben auch Autoren aus der Oberpfalz, aus Baden-Württemberg, Hessen, Thüringen und sogar aus Schleswig-Holstein.“

Miteinander lesen

Und was machen Autoren, wenn sie unter sich sind? Sie lesen einander aus ihren Kurzgeschichten vor, unterstützt vom Cadolzburger Saxophon-Quartett, das mit Henry Mancinis „Pink Panther“ und dem „Elephant Walk“ für musikalische Verschnaufpausen sorgt.

Und die Storys? Margit Begiebing erinnert sich an eine hart an der Katastrophe vorbeischlitternde Aufführung von Kleists „Amphitryon“ durch Erlanger Studenten, weil der Darsteller des Jupiter unter übergroßem Lampenfieber leidet. Fritz Kerler sinniert über „Fortschritte der Sprache“, die sich von Füllseln wie „Ähmm“ und „Öhmm“ zu unverständlichem Kommunikations-Gebrauchsanweisungs-Denglish-Fachchinesisch gesteigert haben; wie auch über den „Sinn des Lebens“, der sich in gegenseitiger Hochrüstung natürlicher Fress- und Tarnwerkzeuge erschöpft. Nicole Eick zeichnet die Reichspogromnacht 1938 in Coburg aus der Sicht eines Kindes nach: Ein kleines Mädchen darf nicht mehr mit seinem Freund Sigi spielen, dabei trüge sie liebend gern auch so einen gelben Stern an der Brust wie er.

Der Lyriker Walter Tausendpfund bricht aus dem beschaulichen Pegnitz in die weite Welt auf, etwa zum Taj Mahal im fernen Indien oder zum Mekong in Vietnam, aber seinen fränkischen Dialekt nimmt er immer mit auf die Reise – womit sich das Exotische in vertrauter Mundart widerspiegelt.

Reichlich abwegige Fantasien über einen Schuh-Fetischisten, der sich allein am Klick-Klack der Stilettos einer unbekannten Schönheit berauscht und allabendlich an seiner Wohnungstür lauscht, gibt Christa Bellanova zum Besten. Das nennt man Erotik, die ins Ohr geht.

Rache der Verlassenen

Versetzt sich Christa Bellanova in die Sicht eines Mannes, so geht der Erlanger Oliver Graf den umgekehrten Weg: Er beschreibt in „Abschied“ die Rache einer Verlassenen. Wo Frauen sonst Andenken an ihren Liebsten vernichten, Plattensammlungen zerschmettern oder aber das Klo verstopfen, da hinterlässt die Sitzengebliebene lauter kleine Souvenirs in seiner Wohnung – per Sekundenkleber. Geht nicht mehr ab, und wenn doch, gibt es Löcher in der Tapete.

Norbert Autenrieth, der Gastgeber in Cadolzburg, widmet schließlich dem Autorenverband das Fest- und Preisgedicht zum 50. Jubiläum und wagt gar einen Blick in die ferne Zukunft – nämlich auf den 100. Geburtstag. Bis dahin dürfte die Festschrift mit den Biographien sämtlicher Autoren des Verbands, das nun herauskommt, locker auf das Doppelte angewachsen sein.

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