Schweißtreibende Friedensarbeit in der Kofferfabrik

18.1.2017, 11:00 Uhr
Schweißtreibende Friedensarbeit in der Kofferfabrik

© Foto: Roland Huber

„Dem Frieden eine Bühne“ also. Recht manierlich beginnt das Doppelkonzert bei freiem Eintritt – Spenden werden gern gesehen – mit „Blue Pine Theatre“. Das Blautannentheater pflegt nostalgischen Folkrock der späten Sechziger und frühen Siebziger. Westcoast-Feeling, Sonne, Strand und ein Lebensgefühl des sorgenfreien Daseins transportiert die Musik des Quintetts, dessen Zentrum die Gitarren und die Stimmen von Dominik Lang und Dominik Meyer bilden.

Ihre Songs vermeiden längere Ausflüge oder Improvisationen, sind auf drei bis fünf Minuten kondensiert, sind allesamt sehr hübsch zu hören. Aber irgendwie plätschern die Klänge nur vor sich hin, statt sich im Ohr festzusetzen oder zum Mitsummen zu animieren. Dabei kommt einem das Klangbild doch recht vertraut vor. Vielleicht braucht es noch ein paar Durchgänge, bis der Funke zündet. Doch nach der Pause geht die Post ab! Das Sextett „La Boum“, benannt nach der französischen Teenie-Komödie mit der frühreifen Sophie Marceau, spielt beinharte Polka in Überschallgeschwindigkeit, und animiert das erfreulich zahlreich erschienene Publikum zum Pogo vor der Bühne.

Schubsen und geschubst werden, „wie Wasser, von Klippe zu Klippe geworfen“, wie schon Hölderlin einst dichtete, das ist das Gebot der Stunde. Gelegentlich traktiert das Sextett gemeinsam das Schlagzeug, und neben akrobatischen Einlagen von Kontrabass, Saxophon und Akkordeon besticht der Anblick eines Multifunktionsinstruments, in dem sich Waschbrett, Hupe, Kuhglocke, Fahrradklingel und Thekenglocke zum Klanginferno vereinen.

Vor lauter Begeisterung übersieht man glatt das große Laken an der Wand, das Flüchtlinge mit ihren Wünschen in verschiedensten Sprachen und Schriften verziert haben. Aber wenn Friedensarbeit, Mauerfall in den Köpfen und Herzen und Grenzenöffnung der Kulturen derart spaßig und schweißtreibend stattfinden, dürfte die Zukunft weiterer Benefizkonzerte dieser Art garantiert sein.

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