Sensibilität für Leid von Kindern wächst auch in Fürth

12.2.2016, 11:00 Uhr
Sensibilität für Leid von Kindern wächst auch in Fürth

© Foto: Jens Büttner/dpa

Die Kleeblattstadt ist keine Ausnahme in Bayern, auch hier werden immer mehr Familien begleitet. Wie die Kinder- und Jugendhilfestatistik zeigt, waren etwa – um ein Datum herauszugreifen – zum Jahresende 2014 exakt 714 erzieherische Hilfen im Gange: von der Erziehungsberatung über die Gruppenarbeit bis zur Heimunterbringung (Vorjahr: 512). Im Landkreis wurden zum selben Zeitpunkt 601 Hilfen in Anspruch genommen (Vorjahr: 518). Nicht eingerechnet sind die Fälle, die übers Jahr 2014 hinweg beendet wurden.

Die Gründe, warum Unterstützung nötig ist, sind vielfältig: Eine Trennung der Eltern oder eine schwere Erkrankung in der Familie können Kinder genauso belasten wie schulische Probleme und Mobbing. Geholfen wird auch Kindern, die Entwicklungsauffälligkeiten zeigen, Jugendlichen, die Kummer haben, und Eltern, die in ihrer Erziehungskompetenz eingeschränkt sind.

Bayernweit wurden 2014 fast 125 000 Hilfen veranlasst – 13 000 mehr als 2009. Lässt sich daraus folgern, dass der Nachwuchs immer schwieriger wird? Oder sinkt einfach die Hemmschwelle, Erziehungsangebote in Anspruch zu nehmen? Vermutlich spielt beides eine Rolle. Erzieher, Lehrer, Ärzte und Nachbarn schauen genauer hin, umgekehrt holen sich die Eltern frühzeitig Rat, wenn sie merken, dass etwas aus dem Ruder läuft. So sitzen den Fachleuten der öffentlichen und freien Träger der Jugendhilfe verunsicherte Eltern genauso gegenüber wie misshandelte, vernachlässigte oder psychisch auffällige Kinder, die in schwierigen Lebensverhältnissen groß werden.

Bis Kinder aus Familien genommen werden, ist meist viel passiert. Droht ein Schaden für Gesundheit und Leben, müssen sie sofort in Obhut genommen werden. Ist das nicht der Fall, versuchen Jugendämter, die Kompetenzen der Familien zu stärken. Helfen alle ambulanten Angebote, Beratungsgespräche und Therapien nichts, kommt es zur stationären Unterbringung, der teuersten aller Jugendhilfeangebote. Im Fünfjahresvergleich kletterte bayernweit die Zahl derer, die in einer Pflegefamilie oder einem Heim untergebracht sind, von rund 13 000 (Ende 2009) auf 15 100 (Ende 2014) – ein Zuwachs um 17 Prozent.

Im Heim

Die 714 Maßnahmen in Fürth, die zum Stichtag – Jahresende 2014/2015 – liefen, beinhalteten folgende Fälle: 57 Mädchen und Jungen lebten in Pflegefamilien, 131 in einem Heim oder einer sonstigen betreuten Wohnform. 236 Erziehungsberatungen waren in Gang, und 83 Familien wurden von Sozialpädagogen im Alltag begleitet. 90 junge Menschen, die an Suchtkrankheiten, Psychosen, Schizophrenie oder Persönlichkeitsstörungen leiden, bekamen Eingliederungshilfen. Auch dieser Bereich wird immer wichtiger. Im Landkreis (601 Hilfen zum Jahreswechsel 2014/15) lebten 88 Mädchen und Jungen in Pflegefamilien, weitere 73 in einem Heim oder einer anderen betreuten Wohnform. 287 Erziehungsberatungen dauerten an und in 34 Fällen stand eine Sozialpädagogin Familien im Alltag zur Seite. 44 junge Menschen mit seelischen Problemen oder Suchtkrankheiten wurden unterstützt.

Statistisch betrachtet haben vor allem Kinder von Alleinerziehenden, die auf Sozialleistungen angewiesen sind, schlechte Karten.

Schwierige Lebenssituationen

So stammten bayernweit mehr als 60 Prozent der Kinder und Jugendlichen, die zum Stichtag außerhalb des Elternhauses lebten, aus Familien, die Hartz IV, Grundsicherung oder Sozialhilfe bezogen. In fast jedem zweiten Fall (47 Prozent) lebten die Heranwachsenden vor der stationären Hilfsmaßnahme bei nur einem Elternteil. Weitere 19 Prozent kamen aus Patchwork-Familien, in 15 Prozent der Fälle wohnten die Eltern zusammen. Bei weiteren 19 Prozent waren die Eltern unbekannt (Flüchtlinge) oder verstorben.

Keine Kommentare