Sicherer Radfahren: Grüne fordern Tempolimits

11.9.2017, 06:00 Uhr
Sicherer Radfahren: Grüne fordern Tempolimits

© Grafik FN

Heidi Deffner fährt Rad. Jeden Tag von Roßtal zu ihrem Arbeitsplatz nach Großhabersdorf, zehn Kilometer einfach. Gefährliche Passagen sind nicht dabei, die Lehrerin und Kreisrätin der Grünen kennt ihre "Schleichwege" und rollt im Biberttal ab Ammerndorf dann über den gleichnamigen Radweg. "Der", sagt sie, "ist Spitze."

Doch in und um Roßtal kann sie gleich mehrere Streckenabschnitte aufzählen, an denen Radfahrer ihrer Beobachtung nach gefährlich leben: Beispielsweise an der Kreisstraße von Ammerndorf nach Roßtal. Hier ist Tempo 100 erlaubt, nur an einer der zwei Abzweigungen nach Buttendorf ist die Geschwindigkeit für ein kurzes Stück auf 80 Stundenkilometer begrenzt. Warum das Limit nicht auf der gesamten Strecke gelten kann?, fragt sich Deffner. Kein Radweg begleitet die Straße, die gleiche Situation gibt es auch an der Staatsstraße von Roßtal nach Weinzierlein. Hier wäre es ohnehin nicht verkehrt, den Fuß vom Gaspedal zu nehmen: Dort wurden im vergangenen Jahr mit 34 Kollisionen auch die meisten Wildunfälle im Fürther Land gezählt.

Ihre Erfahrungen als Radlerin formuliert Heidi Deffner wie folgt: Allein auf den guten Willen der Autofahrer sollte man sich nicht verlassen. Ein überwachtes Tempolimit und ein Überholverbot an gefährlichen Stellen auf Bundes-, Staats- und Kreisstraßen im Landkreis würde "viel mehr Sicherheit bringen". Für die Grünen hieße das Tempo 70 bzw. 80 über Land und Tempo 30 in engen und gefährlichen Ortsdurchfahrten. Explizit im Blick hat die Grüne Unterschlauersbach, Vincenzenbronn und den Denzelberg in Wilhermsdorf. In der Zenngrundgemeinde hatten jüngst erst Bürger an Rathauschef Uwe Emmert 200 Unterschriften überreicht und eine "Zone 30" gefordert. Bei der Verkehrsbehörde im Landratsamt, der Polizei und dem Staatlichen Bauamt Nürnberg war der Markt Wilhermsdorf allerdings abgeblitzt.

Fuß vom Gas: Dass diesbezüglich etwas getan werden muss, darin fühlen sich die Politiker der Ökopartei durch zwei tragische Unfälle in jüngster Vergangenheit bestätigt. Am 18. Juli touchierte ein Kleinwagen auf der Kreisstraße zwischen Keidenzell und Kirchfarrnbach beim Überholen einen Radfahrer. Der Mann stürzte, zog sich schwere Kopfverletzungen zu und schwebte zwischenzeitlich in Lebensgefahr.

An der Kreuzung Banderbacher und Weiherhofer Straße starb am 16. August eine Radfahrerin, als sie mit einem Auto zusammenstieß. Diesen Streckenabschnitt, zwischen Banderbach und der Sportanlage des SV Weiherhof, haben die Grünen schon länger im Fokus. Der Zirndorfer Kreisrat Wolfram Schaa hatte vor zwei Jahren darum gebeten, eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 70 zu prüfen.

Gefahr im Wald

Derzeit stellt sich die Situation wie folgt dar: Wer aus Banderbach kommend Richtung Sportplatz unterwegs ist, kann nach dem Ortsschild auf 100 Stundenkilometer beschleunigen und wird erst rund 150 Meter vor der Einfahrt zum SV Weiherhof durch ein Schild auf 70 heruntergebremst. Danach kann jeder im Wald bis zum Kreuzungspunkt vor der Bahnlinie, wo es links nach Wachendorf und rechts Richtung Oberfürberg geht, erneut bis in den dreistelligen Bereich beschleunigen. In der Gegenrichtung gibt es am Sportplatz kein Limit.

Landrat Matthias Dießl hatte dies seinerzeit mit Verweis auf die Straßenverkehrsordnung begründet. Diese gebe nicht mehr her. Die einseitige Geschwindigkeitsreduzierung aus Richtung Banderbach sei dem an dieser Stelle nicht vorhandenen "Sichtwinkel von 200 Metern" zu verdanken, so hatte es die Straßenverkehrsbehörde erläutert. Von Wachendorf her kommend, sei dieses Problem nicht gegeben.

Neuer Anlauf

Nichtsdestotrotz wollen die Grünen nun einen neuen Anlauf nehmen und im nächsten Kreis-Bauausschuss im September einen Antrag für ein Tempolimit 70 stellen, und zwar vom Ortsausgang Banderbach bis zur Kreuzung an der Bahnlinie. "Wenn die Autos langsamer fahren, kann ich als Radlerin vielleicht auch noch eher reagieren", sagt Heidi Deffner. Doch sie hegt den Verdacht, dass der Umgang mit Geschwindigkeitsbeschränkungen im Landkreis Fürth "restriktiv gehandhabt werden soll".

Dem widerspricht Karl-Heinz Harlacher, Leiter der Straßenverkehrsbehörde im Landratsamt. Polizei, Staatliches Bauamt und Landratsamt nehmen problematische Stellen gemeinsam unter die Lupe. Berücksichtigt werden eine Vielzahl an Parametern — unter anderem: Spielte die Geschwindigkeit beim Unfall eine Rolle? Wie sind Zustand und Verlauf der Straße? Es handle sich immer um eine "Einzelfallentscheidung".

Was sagt die Unfallstatistik?

Positiver empfindet Heidi Deffner die Situation im Nachbarlandkreis Roth. Wer etwa von Roßtal über Regelsbach und Schwabach zum Rothsee fährt, darf dies, laut ihrer Beobachtung, maximal mit Tempo 80, an vielen Stellen ist zudem ein Überholverbot ausgewiesen. Erst unlängst hat die Kreisrätin eine Anfrage an die Landkreisverwaltung gestellt. Sie möchte wissen, in welchem Zusammenhang Unglücke an so genannten Unfallschwerpunkten im Landkreis mit Tempoverstößen zu tun haben.

Harlacher hat dazu die polizeiliche Unfallstatistik aus den vergangenen drei Jahren ausgewertet. Das Ergebnis: Geschwindigkeitsüberschreitungen als Ursache spielten im Landkreis nur bei 3,4 bis 3,9 Prozent aller Unfälle eine Rolle. Rufe nach einem Tempolimit, sagt er, seien zwar durchaus verständlich, "sie sind aber nicht das allein selig machende Mittel".

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