Snooker in Fürth: Außenseiter obenauf

26.8.2014, 13:43 Uhr
Snooker in Fürth: Außenseiter obenauf

© Foto: Hans-Joachim Winckler

Das Endspiel zwischen Allen und Trump war sicherlich nicht das von vielen erhoffte Traumfinale, aber dennoch weit entfernt von einer Überraschung, schließlich ist das Duo weit vorne in der Rangliste platziert. 4:2 für Allen hieß es – wie bereits berichtet – nach ungewohnt vielen „leichten“ Fehlern, aber einer von großartiger Taktik und Hochspannung geprägten, mehr als zweistündigen Snooker-Show. Der strahlende Nordire nahm Pokal, Siegerscheck über 25 000 Euro und den finalen Beifallssturm der Zuschauer entgegen.

Dass er so weit gekommen war, hatte zwei Ursachen: Zum einen hatten sich die großen Favoriten wie Mark Selby, Ronnie O’Sullivan, Shaun Murphy (England), Neil Robertson (Australien) und Stephen Maguire (Schottland) vorzeitig verabschiedet, zum anderen war die Erfolgsserie der Außenseiter Tian Pengfei aus China (3:4 gegen Trump) und Dechawat Pommjaeng aus Thailand (2:4 gegen den englischen Mitaußenseiter Rod Lawler im Viertelfinale) gerissen.

Knapp 4000 Zuschauer sorgten an den drei Turniertagen wie gewohnt für eine ebenso fachkundige wie stimmungsvolle Kulisse, die von den Spielern als „enormer Ansporn“ gesehen wurde. Da machte der PHC-Sieger 2014 keine Ausnahme. Ein bisschen verblüfft schien er, dass sein Gegner Trump ihn „so oft an den Tisch gelassen hatte“. Das, und nicht seine Leistung, habe den Ausschlag gegeben nach einem sehr harten Turnier. „Da befinde ich mich ja nicht in schlechtester Gesellschaft“, kommentierte er schmunzelnd den Hinweis, dass er nach den beiden ersten Turnieren der European Tour in Riga und in Fürth gleichauf mit Trump und Selby, der Nummer eins der Welt, liegt.

Aber nicht nur die Etablierten der Snooker-Szene sorgten bei der 11. Auflage der PHC für Aufsehen oder sogar für Schlagzeilen. Das Maximum Break des Inders Aditya Mehta, die Höchstzahl von 147 Punkten in einer Aufnahme, stahl in der Stadthalle vorübergehend den Stars die Schau und schreibt ein Stück Snooker-Geschichte. Mehta, der seit sechs Jahren in England trainiert und lebt, hat damit seinen Star-Status in seiner Heimat gefestigt. Er ist der erste Inder, dem eines von bisher insgesamt 147 Maximum Breaks gelang, immerhin drei davon sah man in Fürth; vor ihm waren es O’Sullivan 2011 und Ken Doherty 2012.

Die Fürther PHC-Verantwortlichen mit Thomas Cesal an der Spitze schienen so etwas geahnt zu haben, in der Turnier-Broschüre lautete eine Überschrift: „Snooker . . . eine indische Geschichte?“ Darin ging es um die Historie dieser Billard-Variante, die Soldaten, die in der ehemaligen britischen Kronkolonie stationiert waren, aus dem „English Billiards“ entwickelt hatten. Im Mutterland spielt diese Ur-Form keine Rolle mehr, in Indien jedoch ist sie noch sehr beliebt und hat, weil Mehta sie auch ausgezeichnet beherrscht, maßgeblich zu seiner Bekanntheit beigetragen.

Noch einer verdient sich spezielle Erwähnung – und das nicht nur, weil er es bis ins Halbfinale geschafft hat. Der Weg dorthin war für Rod Lawler so lang, dass er als „Ironman des Snooker“ in die PHC-Geschichte eingehen wird. Der 43-Jährige stand am Samstag ab 13 Uhr am Tisch, schlug erst den hoch eingeschätzten Mark Williams (Wales/Nr. 20) 4:3 und ließ dann ein 4:2 sowie ein 4:0 gegen zwei englische Landsleute folgen – auf den ersten Blick normaler Turnieralltag. Aber wegen seiner bedächtigen Spielweise zogen sich die Partien hin, Erholungspausen dazwischen gab es kaum. Die letzte Kugel war erst um 3.27 Uhr am Sonntag gelocht; ein Rekord in Fürth, auf den Turnierleiter Jürgen Kesseler gerne verzichtet hätte.

Bereits um 10 Uhr musste Lawler wieder antreten, der Turnierplan kannte kein Pardon. Achtelfinale gegen Fraser Patrick (Schottland) 4:0, Viertelfinale gegen Poomjaeng 4:2, erst im Halbfinale gegen den späteren Sieger Allen kam mit 3:4 das Aus. Pausen wiederum Mangelware, Lawlers Spielweise kostete Zeit und sorgte für viele Zuschauer, weil an den anderen Tischen meistens niemand mehr spielte. Erst deutlich nach 18 Uhr war sein Arbeitstag beendet.

Gelohnt hat er sich allemal. denn das Halbfinale und 6000 Euro Preisgeld konnte er, als Nummer 40 notiert, durchaus als Erfolg verbuchen.

Weiterer Bericht im Hauptsport.

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