So gut kann talentiert sein

28.10.2017, 18:29 Uhr
So gut kann talentiert sein

© Foto: Sebastian Zelada

Ein Auftakt für Statistik-Fans: "Seit 1982 hat der Theaterverein 134 junge Künstlerinnen und Künstler mit dem Talentpreis ausgezeichnet, der 2009 in Erinnerung an den langjährigen Geschäftsführer in .Josef-Peter-Kleinert-Preis für junge Talente’ umbenannt wurde", betonte Theatervereins-Chef Rainer Heller bei der Begrüßung der Gäste. Immerhin 16 Geehrte erhielten später den Kulturförderpreis der Stadt, und mit Thilo Wolf, erster Talentpreisträger 1982, gab es sogar einen, der den großen Kulturpreis abräumte. Dies mache deutlich, wie viele Talente sich im Lauf der Jahre vervollkommnet haben; auch habe, so Heller weiter, die Jury offenbar ein Händchen für Qualität. Womit die Abteilung "Eigenlob" dann auch schloss.

Aus den Bereichen Musik und Tanz wurden die neun Preisträger 2017 ausgewählt. Musikalisch reichte die Palette vom Barock bis in die Gegenwart, die beiden Tänzerinnen entschieden sich für klassischen und Jazz-Sound.

Den Abend eröffnete EGitarrist Moritz Neukam, der mit "Spain" eine Komposition des Jazzpianisten und -komponisten Chick Corea spielte, einem Mitbegründer des Jazzrock — rasante Läufe, Melodie mit Bassfundament unterlegt, eine energiegeladene Nummer. Mit vergleichbarer Virtuosität in perfekter Technik spielte Vincent Gramß "Five to Twelve" von Manu Delago auf dem Marimbaphon. Faszinierend, mit welcher Souveränität er über sein Instrument fegt und die Melodie über einem Tremolo gestaltet.

Schön laut wurde es, als Schlagzeuger Max Lange mit "Solo#4", einer Improvisation aus Rick Lathams "Advanced Funk Studies", loslegte und das komplette Equipment zum Glühen brachte.

Schöne Basstöne

Blech- und Holzblasinstrumente setzten den musikalischen Reigen fort. Technische Reife demonstrierten Trompeter Felix Krampf und seine Klavierbegleiterin Haeun Jang in der "Legende" von Georges Enescu, einem Preisträgerstück, das von seinen ganz gegensätzlichen Passagen lebt. Einige Etagen tiefer ist die Bassposaune angesiedelt, auf der Tim Simon ein Konzert für Bassposaune von Ernst Sachse vortrug mit romantischer Melodik, zarten Pianoklängen und fulminanten Basstönen, am Flügel begleitet von Renate Jung-Bilk.

Als dritter Bläsersolist stellte sich der Fagottist Tobias Theinert mit dem Rondosatz aus einem Fagottkonzert von Carl Maria von Weber vor – schön zu hören, dass ein Fagott nicht nur nasal brummen, sondern auch ausdrucksvoll singen kann. Nach so viel Instrumentalspiel sang Ludwig Jung mit "Vergin tutto amor" des italienischen Barockkomponisten Francesco Durante ein Klagelied; von Jung-Bilk begleitet. trug er es vor mit tief empfundenem Ausdruck.

Nach so viel Ohrenschmaus etwas fürs Auge: Jennifer Gauer tanzte voll Anmut und Grazie Variationen aus dem Ballett "Giselle" von Adolphe Adam und "Fleur de farine" aus Peter Tschaikowskys Ballett "Dornröschen". Der glanzvolle Abschluss war Laura Schneider vorbehalten, die den Kontretanz Nr. 7 von Ludwig van Beethoven tänzerisch ausgestaltete; eine tolle Jazzversion von Eugen Cicero über ein Chopin-Impromptu folgte. Leicht und locker, mit südländischer Lebensfreude und Temperament meisterte Schneider eine Tarantella von Ottorino Respighi, hinter der sich das italienische Lied "La Danza" verbirgt.

Zuletzt durften die neun Preisträger aus der Hand von Rainer Heller, dem Fürths Kulturreferentin Elisabeth Reichert und Jurychef Alfred Thieg assistierten, ihre Preise entgegennehmen — einen Scheck über 1000 Euro, eine Urkunde und einen Aufkleber für zukünftige Auftritte. "Nur Mut!" steht auf dem Sticker, das Saisonmotto des Stadttheaters. Warum der Theaterverein allerdings seinen Festakt wieder einmal in der Musikschule ausrichtete und nicht an jenem Ort, für den sein Herz doch so heftig schlägt, bleibt die offene Frage, für die es vielleicht eine Antwort gibt: Zu viel leere Plätze im Großen Haus können entmutigen, vor allem junge Künstler am Karrierestart.

Gleichwohl zieht der Verein seit wenigen Jahren die Nüchternheit des Musikschul-Konzertsaals dem prunkvollen Stadttheater vor. Sehr schade und hoffentlich kein Dauerzustand.

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