So wirbt man im Netz: Zirndorfer Modehaus als Vorbild

29.7.2015, 16:00 Uhr
So wirbt man im Netz: Zirndorfer Modehaus als Vorbild

© Foto: Hans-Joachim Winckler

Da zeigen Verkäuferinnen neue Outfits auf Facebook, und der Metzger informiert im Youtube-Film über Wurstherstellung. Auch für kleine Betriebe wird das Internet immer wichtiger.

Mit dem Titel „Zukunftshändler“ darf sich neuerdings das Zirndorfer Modehaus „erlebe wigner!“ schmücken. Die IHK hat es – neben einer Metzgerei aus Georgensgmünd und einem Kinderschuh-Geschäft aus Erlangen – zum Vorbild für andere erkoren: weil man hier viele Wege nutzt, um Kunden auf sich aufmerksam zu machen.

Alle zehn Tage wird ein Newsletter per Mail verschickt, spätestens alle drei Tage etwas Neues auf Facebook gepostet, auf Instagram wird täglich ein neues Bild hoch geladen. Die Skepsis mancher Kollegen, die um die sozialen Netzwerke noch einen großen Bogen machen, könne er schon verstehen, sagt der Geschäftsführer Eberhard Wigner. „Der zeitliche Aufwand ist groß und die Fallstricke sind vielfältig.“

Dennoch gibt es für ihn keinen anderen Weg, will man nicht „mit den Kunden altern“ – und irgendwann eingehen. Junge Menschen zwischen 16 und 25, sagt er, „können wir mit klassischer Werbung nicht mehr ansprechen, die müssen wir anders erreichen“. Mit Facebook und Co. versuche man, den Faden zur nächsten Generation nicht abreißen zu lassen.

Wigner hält das für überlebenswichtig. „Sehen Sie sich die Nürnberger Straße in Zirndorf an“, sagt er, „da gibt es zehn Leerstände, das tut weh.“ Angesichts der Konkurrenz von Internethändlern wie Amazon erwarten die Kunden heute mehr von einem Geschäft, meint er: ein größeres Sortiment, mehr Service. Der Einkauf müsse zum Erlebnis werden.

Darauf setzt man im Modehaus seit langem. Ein Bistro gehört längst dazu, inzwischen finden jedes Jahr schon rund 60 Veranstaltungen in den Räumen statt, vom Dirndlschmuck-Workshop bis zur Lesung bekannter Autoren. Das Internet helfe, diese Aktivitäten bekannt zu machen. So bleibe man „sichtbar“ für die Kunden.

Die Mitarbeiter spielen in der digitalen Strategie des Geschäfts eine zentrale Rolle: Sie werden auf der Internetseite vorgestellt und präsentieren auf Facebook die neueste Mode, gerne auch mal augenzwinkernd. „Sie sind die Models“, sagt Wigner, „ich muss nicht Heidi Klum herholen.“ Schließlich geht es auch um Nähe: „Wir wollen den Kunden vermitteln, dass sie so aussehen können wir unsere Mitarbeiter.“ Bei „erlebe wigner!“ kümmern sich mittlerweile drei Mitarbeiter ausschließlich darum, die verschiedenen Kanäle zu bespielen.

„Die machen alles richtig“, sagt dazu Michael Leibrecht, der als Chef der Fürther Werbeagentur machen.de Seminare zum Online-Marketing gibt. Das Thema werde den Einzelhandel, aber auch das Handwerk in den nächsten Jahren noch stärker beschäftigen, prophezeit er. „Der regionale Händler muss sich sichtbar machen“, findet auch er. Das fange beim Eintrag im Google-Dienst My Business an, den er Firmen unbedingt nahelegt.

Jeder Betrieb müsse individuell entscheiden, welche Internetaktivitäten zu ihm passen. Aber keiner sei zu klein dafür: „Ich rate dazu, sich damit auseinanderzusetzen.“ Das Internet helfe, Kunden zu gewinnen und mit ihnen in Kontakt zu bleiben. Leibrecht: „Im Laden ist es doch auch so: Der Friseur, der spannende Geschichten erzählen kann, hat dem etwas voraus, der den Mund nicht aufkriegt.“ Genau das will er demnächst auch beim Deutschen Drechslertag wieder vermitteln.

Nicht mehr überzeugen muss er Konrad Ammon jun. von der gleichnamigen Metzgerei aus Burgfarrnbach. „Das Internet ist für jeden Handwerksbetrieb ganz, ganz wichtig. Ich möchte das Medium nicht mehr missen“, sagt der Obermeister der Fleischerinnung, der bereits 2007 mit dem Internetpreis des deutschen Handwerks ausgezeichnet wurde. Die Homepage seiner Metzgerei verzeichne täglich 250 bis 350 Zugriffe, erzählt er. „Das ist eine Menge.“

Besonders gut geklickt – „zu jeder Tages- und Nachtzeit“ – werden dort die Rezepte, die seine Frau und Mitarbeiter zusammengestellt haben. Genauso wie Informationen, wo das Fleisch herkommt und wie es verarbeitet wird.

Auch einen Online-Shop will Ammon, der mit einem Webdesigner zusammenarbeitet, eines Tages aufbauen; schon jetzt beliefert er Kunden in Berlin oder Hamburg, die sich nach fränkischen Spezialitäten sehnen. Ammon kennt die Facebook-Seite der von der IHK ausgezeichneten Metzgerei Böbel in Georgensgmünd.

Viel Zeit stecke darin, das sei nicht für jeden Betrieb so leistbar. Jeder müsse seinen Weg finden, sagt Ammon. Aber gerade heute, wo die Zahl der produzierenden Metzgereien schon so arg geschrumpft sei, helfe das Netz, um zu zeigen: Uns gibt es noch.

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