Spannung hoch vier

3.8.2015, 12:00 Uhr
Spannung hoch vier

© Foto: Thomas Voigt

Der seltsame, eben rätselhafte Name des Quartetts geht auf ein Werk des britischen Komponisten Edward Elgar zurück, der das Thema eines der berühmtesten Variationswerke des 19. Jahrhunderts als „Enigma“, zu deutsch Rätsel, rätselhafte Sache, bezeichnete, und daraus wurden die 1898 entstandenen „Enigma“-Variationen, eines der bedeutendsten Werke des britischen Komponisten am Beginn seiner schöpferischen Reife.

Eröffnet wurde das Kammerkonzert mit Schuberts Streichquartett „Der Tod und das Mädchen“, dessen 2. Satz Andante con moto auf dem gleichnamigen Kunstlied basiert, in dem sich ein junges Mädchen gegen den nahenden Knochenmann wehrt, dieser sich aber als Freund und nicht als Strafender zu erkennen gibt. In bedrohlichem, fahlen Moll erklingt die Einleitung, dann die Angst des Mädchens „Rühre mich nicht an“, und in Dur folgt der tröstliche, beruhigende Zuspruch des Todes.

In der Interpretation der vier Instrumentalisten Bernd Müller und Kea Wolter, Violine, die beim zweiten Werk die Plätze tauschten, Angelika Boué, Viola, und dem Cellisten Ralph Krause wurde dieser Satz zu einem Glanzpunkt des Konzerts. In der ersten Variation erklingt die thematische Substanz in den drei hohen Instrumenten, vom dezenten Pizzicato des Violoncellos untermalt, das in der zweiten Variation mit einem Höchstmaß an Ausdruck die Melodie übernimmt, von Violinen und der Viola umspielt.

Homogen und klangschön

Rhythmisch akzentuiert, fast bizarr folgt die dritte Variation, ehe in der abschließenden vierten Variation wieder die Nähe zum Lied im dreistimmigen Satz hörbar wird, der von der 1. Violine überlagert wird, ehe nach einer klanglichen Steigerung der Satz im Piano mit dem trostvollen Zuspruch des Todes verklingt – eine von Homogenität und Klangschönheit geprägte Wiedergabe.

In den beiden schnellen Sätzen, die von klanglichen Gegensätzen bestimmt sind, gelang es den Interpreten, die Spannung immer wieder neu aufzubauen, fetzig der strettaartige Schluss des Prestos mit einer tollen Steigerung. Und im Scherzo prallen derbe Schwerfälligkeit und schwelgerische, liedhafte Melodieseligkeit im Trio aufeinander.

Eine völlig andere Klangwelt war dann in den fünf Tanzstücken von Erwin Schulhoff zu hören, einem von der böhmischen Musikkultur, aber auch vom Expressionismus deutlich beeinflussten Komponisten. Seine 1923 komponierten fünf Charakterstücke tragen zwar jeweils den Namen eines Tanzes, sind aber von gefälliger, unterhaltender Musik weit entfernt. „Alla Valse viennese“ ist mit ihren grellen Dissonanzen eher eine Parodie auf den Walzer als tänzerische Musik, in der Serenata dominiert in allen vier Instrumenten die tiefe Lage, also kein liebliches Ständchen. Die böhmische Polka „Alla Czeca“ mit einer furiosen Temposteigerung weist hörbar Anklänge an die böhmische Musik auf. Sehr weit vom argentinischen Tango entfernt ist „Alla Tango milonga“, auch hier aber immer wieder rhythmische Anklänge und eine improvisierend klingende 1. Violine. Dem Original einer Tarantella am nächsten ist der fünfte Tanz, in dem der Komponist aber dann in freier Gestaltung abschweift und eine düstere Atmosphäre schafft. Nicht nur mit diesem virtuosen Reißer gelang dem Quartett eine packende Wiedergabe, perfektes Zusammenspiel und brillante Virtuosität. Fast wie eine versöhnende Geste im Hinblick auf Tanzmusik wirkte dann der Walzer von Schostakowitsch als Zugabe.

 

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