Spiel der Könige schlägt auch den Computer

28.1.2019, 11:00 Uhr
Spiel der Könige schlägt auch den Computer

© Foto: Fiedler

Schnell ist der Favorit unter den 18 Schachspielgarnituren ausgemacht: "Das ist so schön bunt", begeistert sich ein blondbezopftes Mädchen. Tatsächlich sind hier Bauern, Dame und König mit kunterbunten Farben bemalt. "Das Spiel haben Freunde von mir in Ungarn gekauft.", erzählt Helmut Roth. Wer die Farbenpracht ungarischer Trachten und Stoffe kennt, entdeckt sie an der feinen Bemalung der Schachfiguren wieder, die in rot-grün-blauen Ornamenten leuchten.

Im Herbst 2013 hat der inzwischen 79-jährige Roth begonnen, Kindern die ersten Züge auf dem Schachbrett beizubringen. Sein Engagement für dieses Ehrenamt entstand nach der Lektüre der Tageszeitung.

"Kinder, die Schach spielen, können sich besser im Unterricht konzentrieren, sind aufmerksamer", erinnert er sich der Nachricht. Roth, der, mehr oder weniger intensiv, seit seinem 18. Lebensjahr Schach spielt, dachte sich: "Das würde mir Spaß machen und Sinn haben".

Persönliche Kontakte, unter anderem zu Beate Bosser, einem Teammitglied der Mittagsbetreuung, ebneten den Weg zum Schachspielen. Aktuell sind es zwischen acht und zehn Kinder, die am Freitagnachmittag zu Helmut Roth ins Schachzimmer kommen. Sie besuchen die Grundschule in Wintersdorf und weil sie vor dem Wochenende keine Hausaufgaben erledigen müssen, ist genug Zeit für eine Partie Schach. "Na ja, von einer Partie kann in den ersten Wochen nicht die Rede sein", dämpft der Handwerksmeister im Unruhestand allzu große Erwartungen.

Erst einmal müsse das Schachbrett erklärt, die einzelnen Felder und Figuren benannt werden. Dann werden die weißen Figuren auf Reihe eins und zwei, die schwarzen auf sieben und acht auf die richtige Position gebracht. Jetzt erst leitet Roth die Kinder vorsichtig an die einzelnen Spielzüge heran.

Die Konzentrationsfähigkeit von Grundschülern ist natürlich begrenzt. "Ich bin der Meinung, dass eine Stunde Schachspiel in diesem Alter reicht", erklärt der Wintersdorfer. Spannend sei immer wieder zu beobachten, welches Kind gute Voraussetzungen für das Schachspiel mitbringt. "Nach etwa drei Stunden kann man das einschätzen", so der ehrenamtliche Schachlehrer. Manche Sprösslinge seien einfach noch zu verspielt, würden mit den Figuren lieber Türmchen bauen oder Familie spielen. Die will er natürlich nicht überfordern.

"Mich hat das selber verblüfft, dass Kinder so eine Begeisterung für Schach entwickeln können", gesteht Roth. Kein Wunder also, dass sie ihren Lehrer mit Nachdruck an das jährliche Schachturnier erinnern.

Und was hat sich in den vergangenen fünf Jahren verändert? "Inzwischen trauen sich auch die Mädchen ans Brett", sagt Roth. Anfangs habe die Meinung vorgeherrscht, dass Schach eher etwas für die Buben sei. Jetzt hätten die Mädels zahlenmäßig aber tüchtig aufgeholt.

Es bleibt Helmut Roth und dem Team der Mittagsbetreuung nur noch, einen Wunsch zu formulieren. "Auch mit dem Ende der Grundschule sollten die Kinder weiter die Möglichkeit haben, Schach zu spielen. Aber eine praktikable Lösung hat sich bislang noch nicht ergeben."

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