Spürhund Urgel hat den besten Riecher

24.3.2017, 16:00 Uhr
Spürhund Urgel hat den besten Riecher

© Fotos: André De Geare

Urgel setzt sich vor ihrer Hundeführerin ab, lässt sich ihr Arbeitsgeschirr überziehen und schaltet direkt in den Rettungshund-Modus. Brigitte Fiedler stülpt ihr den Plastikbeutel mit einem Taschentuch der Zielperson über die Nase. Die Hündin wittert, nimmt den Geruch der Zielperson auf dem Gehweg auf und zieht wie ein Turbo in die Richtung, in der die Spur verläuft.

Spürhund Urgel hat den besten Riecher

Wie im echten Einsatz lautet die Vorgabe der Prüfung, die alle 18 Monate absolviert werden muss: Der Mantrailer soll die Zielperson so schnell wie möglich aufspüren. Dabei kann es sich um ein verschwundenes Kind oder hilflose, vielleicht sogar suizidgefährdete Menschen handeln. "Ein Mantrailer kann die Duftmoleküle einer Zielperson nicht nur am Boden erkennen, sondern aus der Luft filtern", erklärt die Hundeführerin, die an der Leine hinter ihrem Hund rennt. "Urgel weiß, was sie tut. Ich schalte mein Hirn ab und vertraue ihr."

Häufig werden Jagdhunde zur individuellen Personensuche eingesetzt, so Fiedler. "Sie müssen über eine gewisse Beharrlichkeit verfügen und zielsicher ihren Weg verfolgen." Aus einem Geruchsträger – ein Kleidungsstück, ein Taschentuch oder auch nur ein Haar – nimmt der Personenspürhund den individuellen Duft des Gesuchten auf und setzt sich auf die neueste Spur, denn er kann auch unterscheiden, ob die Fährte zwei Tage oder nur zwei Stunden alt ist. "Hunde können stereo riechen und daher alte von neuen Spuren unterscheiden", erklärt die Mittvierzigerin, die mit Urgel, Jagdhund-Mischling Lauser – ebenfalls ein Mantrailer – und zwei weiteren Hunden in Bamberg lebt und vor 16 Jahren zur damals neu gegründeten BRK-Rettungshundestaffel Haßberge gekommen ist.

Weil Mantrailer überwiegend im Stadtgebiet oder auf befestigten Wegstrecken zum Einsatz kommen, muss der Hund auch noch in der Lage sein, andere Gerüche wie Abgase, läufige Hündinnen oder den Fleischduft aus einer Metzgerei völlig auszublenden und sich nur auf den Geruch der Zielperson zu konzentrieren. Ein einzelner Trail kann zudem über viele Kilometer und einige Stunden gehen.

Das klingt nach harter, hochkonzentrierter Schufterei, doch Urgel freut sich sichtlich, dass sie arbeiten darf: "Ganz wichtig für die Rettungsarbeit ist der Spaß für den Hund und eine starke Opferbindung, das heißt, der Hund mag Menschen und möchte zu ihnen", sagt die Rettungshundeführerin und Tierärztin, die die achtjährige Labrador-Mix-Hundedame mit einem halben Jahr und angeborenen Schluckbeschwerden bekam. Sie operierte die Hündin erfolgreich und stellte schnell fest, dass sie gerne und überwiegend mit der Nase arbeitet und daher der geborene Mantrailer ist. "Ihr Name kommt von den Schluckproblemen", erzählt Fiedler schmunzelnd, "Gurgel wollte ich sie nicht nennen, also wurde Urgel daraus."

Für den FN-Besuch hat sich BRK-Hundeführerin Susanne Herbst als Zielperson zur Verfügung gestellt. Als Urgel sie aufstöbert, springt sie freudig an ihr hoch. "Sie ist glücklich, dass sie ihre Arbeit gut gemacht hat", sagt Fiedler stolz, denn obwohl starker Wind die Bedingungen für die Mantrail-Teams enorm erschwert, schafft Urgel auch ihre vierte Prüfung bravourös.

Der schönste Lohn

Mantrailer können Leben retten – wie vor zehn Tagen in Fürth. Hündin Nelly von der Fürther BRK-Staffel spürte einen alten Mann auf, der hilf- und orientierungslos durch die Straßen geirrt war. Der Senior wurde leicht unterkühlt, aber ansonsten wohlauf in seine Wohnung gebracht (wir berichteten). Die schönste Belohnung für Hund und Hundeführerin ist übrigens, wenn sich die Angehörigen vermisster und wiedergefundener Menschen bei ihnen bedanken. So wie die Tochter einer alten Dame, die von Urgel aufgespürt wurde. "Obwohl die Frau sagte, dass sie Angst vor Hunden hat, streichelte sie Urgel lange und dankbar."

Noch immer ist Brigitte Fiedler gerührt, wenn sie davon erzählt. Und in solchen Momenten weiß sie ganz besonders, warum sie tut, was sie tut – nämlich mit Mantrailer Urgel im Notfall bei Wind und Wetter und zu jeder Tages- und Nachtzeit nach vermissten Menschen suchen.

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