Stadelner Frühling in wilder Blütenpracht

4.5.2016, 17:00 Uhr
Stadelner Frühling in wilder Blütenpracht

© Foto: Michael Müller

32 Jahre lang hatte Walter Schwarz den traditionsreichen Verein geleitet, ehe er 2015 in Ruhestand ging. Seit einem guten Jahr übt Stanislav Mann mit dem Chor, nun galt es, die Feuertaufe zu bestehen.

Die Programmfolge überraschte mit 20 Nummern nicht nur in ihrem Umfang, sondern auch in ihrer Vielfalt. Auf ein beschwingtes Gospel folgt ein besinnlicher Choral von César Franck sowie ein Lied aus der orthodoxen Liturgie, bei dem Stanislav Mann im Wechsel zum Chorgesang seine Bassstimme eindrucksvoll unter Beweis stellt.

Als Verschnaufpause für die Choristen und zur Abwechslung für die Zuhörer gestalten die Violinistin Svetlana Klimova und Sergei Vlasov am Klavier Zwischenspiele von Bach, die sehr stimmungsvolle „Aria“ sowie „Jesu bleibet meine Freude“.

Nachdem der besinnliche Teil bewältigt ist, geht es rund: Die „Hochzeit des Figaro“ steht an, worauf Sabine Döttinger sich in ihrer Sopranarie ungemein freut. Und dann geht es tief hinein in die Schnulzenseligkeit der fünfziger und sechziger Jahre, als sich der Wirtschaftswunderbürger zum ersten Mal nach Italien traute und sich in „südlichen Nächten“ bei „Frauen und Wein“ ergötzte und beim Wirt „Nicolo Nicolino“ eine Korbflasche nach der anderen orderte, bis „bei Capri die rote Sonne im Meer versinkt“.

Zu viel der Nostalgie, Herr Ober, wir brauchen etwas Pfeffer! Für den sorgt dann wieder Svetlana Klimova mit feurig-ungarischen Bravourstücken von Antonin DvoÝák und dem eher unbekannten Grigoras Dinicu. Zurück zu Oper und Operette findet der Chor mit der „Fledermaus“ und der unkaputtbaren Arie „O mio babbino caro“ aus Puccinis „Gianni Schicchi“.

„Tief im Wald nur ich und du, der Herrgott drückt ein Auge zu“: Frivole Zeilen im Gotteshaus, aber bei „Wochenend’ und Sonnenschein“ ist selbst das erlaubt. Und wer zum Finale von „Frühstück bei Tiffany“ in Tränen zerfloss — nämlich da, wo Audrey Hepburn im Platzregen ihre Katze sucht —, der darf bei „Moon River“, a cappella gesungen, das Taschentuch zücken. Weil der Song so kurz ist, gibt es ihn gleich zweimal hintereinander, in Englisch und auf Deutsch. Da wird „Moon River“ zu „Für immer“.

Zum Schluss stemmen die Stadelner ein Schwergewicht des Opernpathos, nämlich den Gefangenenchor aus Giuseppe Verdis „Nabucco“. Der gerät dann allerdings doch eine Spur zu leicht, zu beschwingt, bedenkt man, dass die armen Gefangenen aus der Tiefe des Kerkers das Sonnenlicht erblicken. Aber dahinter steckt wohl die Freude darüber, den ersten Auftritt unterm neuen Chef so gut gemeistert zu haben.

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