Stadtjubiläum: Fürth feiert sich in großem Stil

19.11.2018, 11:49 Uhr
Die integrative Band "Vollgas" trug mit fetzigen Stücken zum Gelingen des Abends bei, Theatereinlagen illustrierten Stadtgeschichte — hier mit dem "Adler"-Lokführer und reichlich Dampf.

© Fotos: Winckler Die integrative Band "Vollgas" trug mit fetzigen Stücken zum Gelingen des Abends bei, Theatereinlagen illustrierten Stadtgeschichte — hier mit dem "Adler"-Lokführer und reichlich Dampf.

Wie wird die Kleeblattstadt wohl im Jahr 2030 aussehen? Radler stehen mit ihresgleichen im Stau und finden keine Parkplätze mehr, ins Zentrum dürfen nur noch Elektromobile, Räder und Kutschen fahren. Volker Heißmann ist Intendant des Stadttheaters, und in der Gustavstraße klagt ein Anwohner wegen zu hoher Alkoholkonzentration in der Luft.

Diese launige Fürth-Vision steuerte Autor Ewald Arenz zur Feierstunde am Samstagabend bei, sein Mini-Stück lockerte ebenso wie viel Musik und historische Spielszenen von Stadttheater-Schauspielern den Jubiläumsreigen auf. Überhaupt bleibt festzuhalten: Der Festakt — schon das Wort lässt Pompös-Getragenes befürchten — kam, moderiert von Komik-Lokalmatador Volker Heißmann, angenehm unbeschwert daher.

An den richtigen Stellen ein bisschen schräg und selbstironisch, spiegelte er Fürther Eigenheiten wider, aber auch neu gewonnenes Selbstverständnis und Selbstvertrauen. Und das, ohne Schattenseiten wie etwa die quälenden Lebensumstände der Arbeiter während der frühen Industrialisierung und die Gräuel der Nazi-Zeit zu unterschlagen.

Meistenteils ging es freilich um das Hier und Jetzt. Fürth sei nicht, wie es in vielen Köpfen noch immer verankert ist, arm, sagte Oberbürgermeister Thomas Jung. Vielmehr sei die Stadt reich — an engagierten Ehrenamtlichen etwa, an Denkmälern, an Produktionsbetrieben auch.

"Stadt der tausend Chancen"

Und Fürth sei eine "Kleine-Leute-Stadt" — was Jung ausdrücklich als Kompliment verstanden wissen möchte: eine Kommune, die vieles in Eigenleistung geschafft habe, die übersichtlich sei, Lebensqualität biete, geprägt von ungewöhnlicher Toleranz und "einzigartiger sozialer Durchmischung". Fürth sei heute längst nicht mehr die graue, düstere "Stadt der tausend Schlöte", über die der hier geborene Schriftsteller Jakob Wassermann einst klagte, sondern die "Stadt der tausend Chancen".

Auch Joachim Herrmann sparte, wie es sich für einen guten Gratulanten gehört, nicht mit Lob. Fürth strahle, befand der bayerische Innenminister, habe sich "prächtig entwickelt" und nehme die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts an. "Es lässt sich herrlich leben", findet Herrmann.

Und das gilt auch für Menschen, mit denen es das Schicksal nicht so gut gemeint hat — wie die geistig Behinderten der Lebenshilfe, die beherzt in der Musikschul-Band "Vollgas" spielen und singen. Sie trugen mit mitreißenden Stücken zum Gelingen des Festakts bei. "In Fürth werde Inklusion gelebt", betonte Robert Wagner, Leiter der Musikschule. Nach Ludwig Erhards "Wohlstand für alle" laute das Motto heute "Teilhabe für alle".

Für die weitere musikalische Gestaltung sorgte in bewährter Qualität die Big Band von Thilo Wolf, Volker Heißmann lieferte die Gesangseinlagen. Aus Frank Sinatras "New York, New York" wurde "Mei Färdd is mei Färdd", und auch das musikalische Leitmotiv, das als dramaturgische Klammer des Abends diente, transportierte Lokalkolorit: Zur Melodie von Udo Jürgens’ "Mit 66 Jahren" schmetterte der Conférencier, am Ende unterstützt vom Chor der Schliemann-Schüler, "Mit 200 Jahren ist noch lange nicht Schluss". Wohl wahr.

 

Keine Kommentare