Starke Frau mit äußerst scharfem Schwert

20.3.2018, 11:00 Uhr
Starke Frau mit äußerst scharfem Schwert

© Foto: Tim Händel

In drei Büchern des Alten Testaments stehen starke Frauen im Mittelpunkt des Geschehens inmitten einer großen Zahl von Texten voller Propheten, Schriftgelehrter, Priester: Rut, Stammmutter des jüdischen Königshauses, Ester, die einen Mordanschlag gegen ihr Volk vereitelt, Judith, die dem Oberbefehlshaber der assyrischen Truppen mit seinem Schwert den Kopf abschlägt.

Dieser Judith war die jüngste Passionsmusik in der Altstadtkirche St. Michael gewidmet. Man kann es vorwegnehmen: Es war ein äußerst starkes Konzert. Denn abermals gelang es Auferstehungskantorin KMD Sirka Schwartz-Uppendieck, mit diesem Passionskonzert, das zugleich das 19. Fürther Komponistinnenkonzert war, klarzumachen: Es gibt weit mehr Tonsetzerinnen als nur Fanny Mendelssohn und Clara Schumann.

300 Jahre liegen zwischen Elisabeth Jacquet de La Guerre — Zeitgenossin Bachs und Händels sowie Cembalolehrerin, die den Vergleich mit François Couperin nicht zu scheuen braucht — und der 1969 geborenen Tina Ternes, deren Judith-Lieder als Uraufführung an diesem Abend erklangen. Dass er so faszinierend geriet, lag an der ihm zugrundeliegenden Dramaturgie: Michael Herrschel hat mit seiner Neufassung des biblischen Textes in einer wortgewaltigen Sprache ("ruchloser Flegel") in stetig wechselnder Reihenfolge mit der Judith-Kantate die Handlung erläutert, bereichert und vertieft, so dass ein geschlossenes Ganzes entsteht, vergleichbar mit den wechselnden Szenen einer Oper.

Höhepunkte sind der Danse macabre "Komm nicht so nah", wenn Judith zunächst mit Holofernes tanzt und dann auf dem Lager neben ihm liegt, und das Lied "Der Kopf", wenn sie das Schwert fasst, das als Stimme von oben mit ihr spricht, und ihn dann tötet. Eine sprachlich-gestalterische Glanzleistung Herrschels.

Auch musikalisch bildeten die barocke Judith-Kantate und die modernen Judith-Lieder eine gelungene Einheit. Auf die beschwingte und melodische Ouvertüre, dargeboten von Geigerin Maria Schalk und Schwartz-Uppendieck an der Orgel, folgt die Arie "La seule victoire", und schon hier glänzt Sopranistin Andrea Wurzer mit leicht ansprechender Höhe und schönen Koloraturen, im Danse macabre mit dramatischem Ausdruck, im Lied "Ich atme" mit Fortetönen, die Judiths Gefühlswelt mit wachsender Spannung offenbaren. Die Nürnberger Sängerin ist im barocken wie zeitgenössischen Fach gleichermaßen daheim.

Im Intermezzo "Le sommeil" bilden Orgel und Violine ein ausdrucksvolles Duo. In den Judith-Liedern wechselt die Organistin ans Klavier, auch hier ist sei eine einfühlsame Begleiterin der Sängerin. Den Abschluss bildet das Lied "Es ist vorbei", eingeleitet vom Pizzicato der Violine, in dem Tina Ternes in harmonischer Tonalität die Freude über die vollbrachte Tat anklingen lässt; es ist dies ein eher verhaltener als überschwänglicher Jubel, während in der vorangegangenen Arie "Chantons la gloire" die "Vögel vor Freude singen" über den vollbrachten Coup.

Begeisterter Beifall in der allerdings nur durchwachsen gefüllten Michaelskirche.

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