Starker Start mit dem „starken Wanja“

5.3.2012, 13:00 Uhr
Starker Start mit dem „starken Wanja“

© Joachim Sobczyk

Freundlich-warme Worte umfingen die Initiatoren der „jungen MET“, wie die Kindermusiktheater-Reihe ab sofort heißt: Stolz präsentierten Martin Zels, einer der künstlerischen Leiter der „Pfütze“, und Stadttheater-Intendant Werner Müller ihr Baby, das die Idee von der städteübergreifenden „Kunst in der Metropolregion“ sicher besser umsetzt als viele in Amtsstuben erdachte Events. Natürlich waren sowohl Bayerns Kunstminister Wolfgang Heubisch als auch die andere örtliche Polit-Prominenz betont davon überzeugt, dass kulturelle Bildung im Kindesalter der Gesellschaft zugutekommt. Doch die konkreten Ideen zünden in anderen Köpfen.

Die „Pfütze“ hat es mal wieder ausgezeichnet geschafft, ihre künstlerische Vision erst anschaulich zu machen und dann kräftig die Werbetrommel zu rühren. Schließlich gibt es von ihr schon drei weitere Bühnenstücke, in denen Musik eine zentrale Rolle spielt. Nach diesem Vorlauf haben sich die Theatermacher an ein preisverdächtiges Großprojekt gewagt, das so (und ohne das Fürther Theater) wohl nicht oft zu stemmen ist. Und man gewann Dagmar Wöhrl als Vorsitzende ihrer Emanuel-Stiftung dafür, sichtlich begeistert zum Start die Triangel zu schlagen.

Starker Start mit dem „starken Wanja“

© Joachim Sobczyk

Satte zwei Stunden dauert „Der starke Wanja“, geschrieben von Horst Hawemann nach der Geschichte von Otfried Preußler, frisch komponiert von Peter Fulda, mit viel Effekt inszeniert von Annette Gleichmann. Der Witz liegt darin, dass hier gar nicht erst versucht wird, große Oper auf den Erlebnishorizont von Achtjährigen herunterzubrechen, wie es in den Jugendsparten der großen Theater oft passiert. Gezeigt wird etwas Eigenständiges: Fulda macht keinen Hehl daraus, dass er aus dem Jazz kommt. Er lässt die Musik mal atmosphärisch begleiten mit Balalaika und komplexen osteuropäischen Rhythmen, mal aktiv im Dialog der Figuren mitspielen oder setzt zu Mini-Arien an, die aber schnell wieder in Dialoge münden. Ein paar Anklänge ans Musical (aber nie Ohrwurm-Melodien), manchmal reduzierte Piano-Begleitung — eine Musik, die nicht auf „Kindliches“ abzielt, aber immer spannend bleibt. Das Ensemble Kontraste lässt seine reiche Bühnenerfahrung mitschwingen und -swingen.

Das ermöglicht es, so unterschiedliche Sängertypen wie Sopranistin Marlene Mild neben dem schlichten Bühnengesang der Schauspieler oder dem Chanson-Ansatz von Jazz-Sängerin Yara Linss einzusetzen. Der Wechsel verblüfft manchmal, als Ganzes funktioniert es aber. Wenn Mild als die „täglich anders duftende Tante“ von Wanja im Sopran liebevoll trällern lässt und später einen fulminanten Auftritt als Hexe hinlegt, Wanjas rüpelhafte Brüder (Christoph Lappler und Andreas Wagner) eher schief kleine Duette singen oder Oliver Weidinger als alter Zar und böser Wächter der weißen Berge den Bariton grollen lässt — jede Stimme passt zur Rolle.

Sieben Jahre auf dem Ofen

Die Geschichte ist ein eher schlichtes Märchen vom Bauernsohn Wanja (Alexander von Hugo), einem Träumer, der die Arbeit lieber den Brüdern überlässt und bei der Tante einen Stein im Brett hat. — Mit der kleinen Regie-Hürde, dass Wanja ganze sieben Jahre auf dem Ofen verbringt, nachdem ihm ein komischer Alter prophezeit hat, er werde einst Zar. Er befolgt die Anweisung und „faulenzt fauler als alle anderen“, knabbert nur noch Sonnenblumenkerne und wartet auf die versprochene Kraft.

Regisseurin Annette Gleichmann überbrückt drohende Längen mit viel klassischem Slapstick. Die Märchenhandlung ist absehbar, aber den Kindern macht es sichtlich Spaß, den Brüdern bei ihrem Dick-und-Doof-Treiben zuzuschauen. Die Prüfungen, die Wanja nach der Pause bestehen muss, sind mit so vielen optischen Ideen gewürzt, dass es nicht langweilig wird: Der Sturmzauberer Och wallt im weißen Tuch wütend unter der Bühnendecke, die Pferde im Stall der Hexe nicken als weiße Gipsköpfe hinterm Gazevorhang und der gruselige Hüter der Zarenrüstung wird live und riesig auf eine Würfelwand projiziert.

Mit Hilfe des einstigen Desperados Rotschopf (Jürgen Decke), der sich an seiner Seite zum treuen Freund wandelt, kommt Wanja schließlich zum Zar an und ergattert gerade noch die Hand der Prinzessin. Happy End mit tosendem Beifall. Absolut verdient.

Aufführungen 6. bis 8. März 10 Uhr, 9. März, 19.30 Uhr (mit Publikumsgespräch), 10. März, 18 Uhr. Kartentel. 0911/9742400. Vom 9. bis 14. März sind auch „Das Kind der Seehundfrau“, „Der beste Koch der Welt“ und „Ente, Tod und Tulpe“ im Theater Pfütze zu sehen (Tel. 0911/289909).

 

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