Steiner Gymnasiasten brachten NSU-Morde auf die Bühne

9.3.2016, 16:00 Uhr
Steiner Gymnasiasten brachten NSU-Morde auf die Bühne

© Foto: Max Wagner

Zehn Menschen waren tot, als der Nationalsozialistische Untergrund endlich aufflog: neun Männer mit türkischen oder griechischen Wurzeln und eine junge Polizistin. Das ganze Land reagierte mit Entsetzen, das Leid der Familien der Opfer ist unermesslich. Wie bringt man so etwas auf die Bühne? „Am Anfang liegt einem das Thema schon schwer im Magen“, gibt Yousif Abed zu. Er ist mit 15 Jahren einer der Jüngsten der 13-köpfigen Theatergruppe.

Wochenlang haben sich die Schüler intensiv mit den kaltblütigen Morden der rechtsextremistischen Terrororganisation befasst. Das Thema hatte ihnen ihr Theaterleiter Thorsten Peschel vorgegeben, die Umsetzung aber blieb den Schülern überlassen. Auch das Skript schrieben sie selbst.

Wie zu erwarten, gab es dabei einigen Diskussionsbedarf. Vor allem über die Schlussszene waren sie sich zunächst nicht einig. „Wir wollten etwas Starkes und Aussagekräftiges. Aber auch etwas, das nicht missverstanden werden kann“, sagt die 16-jährige Sophie. Als Herausforderung empfand es die Gruppe, rechtsradikale Phrasen so zu inszenieren, dass sie vom Publikum nicht falsch aufgenommen werden können.

Für den Titel ihres Stücks „Der rosarote Panther wird gejagt“ griff die Gruppe das Motiv aus dem Bekennervideo des Neonazi-Trios auf: Zu sehen waren darin Zeitungsausschnitte und Fernsehberichte zu den Morden – und dazwischen Sequenzen aus der Comicserie „Der rosarote Panther“. Das Video sollte auch in die Aufführung mit eingebunden werden. Zudem zeigten die Schüler Ausschnitte aus Fernsehberichten, wie aktuell rechtsextremes Gedankengut ist. Um ihre Vorstellungen umzusetzen, brauchte die Theatergruppe allerdings einen leistungsstarken Beamer.

Möglich wurde die Anschaffung, weil die Gruppe mit ihrem Konzept beim Wettbewerb „Ideen machen Schule“ der PSD-Bank die Jury überzeugte. Das restliche Preisgeld reichte schließlich noch für eine Leinwand, die während des Stücks mit LED-Licht beleuchtet wurde. Das gab der Bühne mehr Raum und Atmosphäre.

Trauriger Soul

Um den Auftritt nicht zu techniklastig werden zu lassen, arbeitete das Ensemble nahezu ohne Soundeffekte. Musikalisch unterlegt wurden die Szenen und Übergänge vom schuleigenen Chor mit Klavierbegleitung. So zog sich die bekannte Titelmusik des Pink Panthers wie ein rosaroter Faden durch das Stück. Zu den Mordszenen wurde der Soulsong „Sunny“ von Bobby Hebb gespielt, der selten trauriger gewirkt hat.

Unerwartete Gags und eine satirische Aufarbeitung der erfolglosen Ermittlungen der Polizei amüsierten und irritierten den Zuschauer zugleich. Durchaus bewusst. „Wir wollten, dass dem Zuschauer das Lachen im Hals stecken bleibt“, sagt Sophie. Denn so unglaublich sie auch wirkten: Die Zitate basierten auf realen Aufzeichnungen. „Die Aussagen klangen so absurd, als wären sie aus einer schlechten Fernsehserie.“

Für die drei Nachwuchs-Schauspieler ist ihr Hobby mittlerweile zur Leidenschaft geworden. „Beruf ist zwar ein großes Wort, aber hätten wir die Chance, professionell auf der Bühne zu stehen, würde sie jeder von uns ergreifen“, glaubt die 15-jährige Anne. Natürlich sei die Aufregung vor der Premiere groß, manchmal nur vor einer einzelnen Szene. Spätestens bei tosendem Applaus ist aber alle Nervosität vergessen. Auch der Bayerische Rundfunk berichtete über das Stück. „Bei unserer ersten Aufführung gab es sogar Standing Ovations. Das war ein unbeschreibliches Gefühl“, schwärmt Anne. Trotz des traurigen Themas.

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