Stickoxid-Werte: Fürth muss auf Nürnberg vertrauen

8.8.2017, 06:00 Uhr
Stickoxid-Werte: Fürth muss auf Nürnberg vertrauen

© Julian Stratenschulte/dpa

In Nürnberg gibt es verlässliche Zahlen. Nürnbergs Umweltreferent Peter Pluschke weiß daher, dass die Stadt ein Problem mit dem Stickstoffdioxid (NO2) aus Auspuffen hat. Er kennt die Ergebnisse der Messstelle in der Von-der-Tann-Straße, einer vielbefahrenen, eng bebauten Straße: Der NO2-Grenzwert wird dort seit Jahren überschritten. Hauptverursacher sind Diesel-Pkw. "Wir verstoßen da seit 2010, dem Jahr der Einführung der Grenzwerte, gegen europäisches und deutsches Recht", sagte Pluschke vor kurzem.

Das Fürther Umweltreferat dagegen kann mit genauen Zahlen nicht dienen. Die einzige Luftmessstation, die das Landesamt für Umwelt in Fürth, nämlich in der Theresienstraße, betreibt, gibt zwar Auskunft über die Feinstaubbelastung. Stickoxide – dazu zählt Stickstoffdioxid – aber werden von ihr seit 2013 nicht mehr erfasst.

Stickoxide, gasförmige Verbindungen, die beim Verbrennungsprozess in Motoren entstehen, reizen die Atemwege, können in hohen Konzentrationen langfristig zu Asthma und chronischer Bronchitis führen und das Leben verkürzen: Weltweit 38.000 Menschen, so schätzten Wissenschaftler im Fachmagazin Nature, sind allein im Jahr 2015 vorzeitig gestorben, weil Diesel-Fahrzeuge gesetzliche Abgaswerte nicht einhalten.

Man darf davon ausgehen, dass die Stickstoffdioxid-Belastung auch an manchen Stellen in Fürth zu hoch ist. Die Ergebnisse der Messstelle in der Nürnberger Von-der-Tann-Straße lassen sich grob auf ähnliche Straßen übertragen, sagt Jürgen Tölk, stellvertretender Leiter des Fürther Umweltamts, also auf Straßenschluchten in Fürth, durch die viel Verkehr rollt. Der Bund Naturschutz nennt die Erlanger Straße, auf Höhe des Uhrenhäuschens, als Beispiel.

Bei hoher Belastung: Bustickets gratis?

Nicht nur der BN findet, dass Fürth dringend eine eigene NO2-Messstation braucht, um genauer Bescheid zu wissen. Auch der Umweltausschuss hat sich bereits im April dafür ausgesprochen. Vorausgegangen war ein Antrag der Linken, die zusätzliche Messstandorte in Fürth forderten. Sie regten zudem an, dass die infra in Zeiten mit hoher Luftbelastung Autofahrern das Bus- und Bahnfahren kostenlos anbieten könnte. Der Vorschlag wird gerade geprüft, sagt Marcus Steurer, stellvertretender infra-Geschäftsführer, auf FN-Nachfrage.

Unterdessen hat die Stadt das Landesamt für Umwelt mit der Bitte kontaktiert, die Messpalette in Fürth um Stickoxide zu erweitern. Man warte auf Antwort, sagte Tölk in der jüngsten Ausschusssitzung, in der die Grünen darauf drängten, als Folge des Diesel-Skandals das Bemühen um NO2-Messungen mit Nachdruck zu verfolgen. Um eines Tages Fahrverbote aussprechen zu können, "müsste man zuerst einmal die Schadstoffe in der Luft kennen", so die Grünen.

Landesamt sieht keine Notwendigkeit

Erst im März hatte das Landesamt für Umwelt weitere Messstellen in Fürth ausgeschlossen. Mit 54 Stationen in ganz Bayern ließe sich die Belastung "EU-konform und repräsentativ" für den gesamten Freistaat ermitteln. Die lufthygienische Situation in Fürth werde hinreichend durch Messstellen in der Theresienstraße sowie in Nürnberg (Von-der-Tann-Straße, Bahnhof, Muggenhof) ermittelt. Man habe dies 2012 und 2013 durch lokale Messungen an acht Standorten in Fürth überprüft.

Eigene NO2-Messergebnisse wären wünschenswert, sagt indes Tölk. Für eine Kommune ohne eigene Werte gebe es keine Pflicht, Maßnahmen zu ergreifen.

Fahrverbote möchte man dabei genauso wie Nürnberg möglichst vermeiden, weil sie Bürger und Gewerbetreibende "massiv einschränken" würden. Als Mitglied des Deutschen Städtetags unterstützt Fürth allerdings die Forderung, die "Blaue Plakette" einzuführen, um umweltfreundliche Fahrzeuge zu kennzeichnen, und fordert mehr finanzielle Mittel für den ÖPNV. Dringend, so der BN, müsse auch der Luftreinhalteplan aus dem Jahr 2004 aktualisiert werden.

4 Kommentare