Stil-Spagat: Renommierter Preis für den Stiegler-Hof

27.2.2019, 16:00 Uhr
Stil-Spagat: Renommierter Preis für den Stiegler-Hof

© Foto: Landbaukulturpreis

Die Fachjury unter Vorsitz von Heiner Farwick, Präsident des Bundes Deutscher Architekten, hatte die Qual der Wahl und musste aus mehr als 80 Bewerbungen auswählen. Am Ende standen sieben Neu- oder Umbauten auf dem Land, die bei der Preisverleihung ausgezeichnet wurden. Farwick hob hervor, die preisgekrönten Bauten belegten "auf herausragende Weise, wie vielfältig, stilsicher und ansprechend" auf dem Land gebaut werde.

Architekt Peter Dürschinger (links) und der Bauherr Fritz Stiegler.

Architekt Peter Dürschinger (links) und der Bauherr Fritz Stiegler.

Doch selbst bei Preisträger Fritz Stiegler "hatte sich anfangs angesichts des Wohnhauses etwas in mir gespreizt", wie er sagt. Den Wiederaufbau des 2014 bei einem Großbrand zerstörten Hofes hatte die Familie Stiegler dem Fürther Architekten Peter Dürschinger anvertraut. Dessen Handschrift mit Flachdach und Holzverkleidungen in vertikaler Ausrichtung ist im Fürther Land eher von Kindergärten bekannt. "Bei unserem Haus hat er den Kompromiss zwischen steilem Sattel- und Flachdach gewählt, das war auch für mich gewöhnungsbedürftig", so Stiegler.

Ausgangspunkt der Planung war die alte Schmiede, die als einziges Gebäude den Brand unbeschadet überstanden hatte. In einem ersten Schritt befreiten die Stieglers sie von der gelben Fliesenverkleidung aus den siebziger Jahren und legten damit das schmucke Sandsteinhäuslein, das sich darunter verbarg, frei. "Gegen den Uhrzeigersinn wurde dann jedes Gebäude des traditionellen Vierseithofes beim Wiederaufbau ein Stück moderner gestaltet", erklärt Stiegler.

Dass die Symbiose von Alt und Neu funktioniert, führt er darauf zurück, dass die beim Abbruch geborgenen Sandsteine der alten Bauten wiederverwendet wurden. "Dadurch ist der Spagat ansehnlich geworden", so Stiegler. Im Urteil der Jury liest sich das so: "Die Neubauten aus Holz und Naturstein sind zusammen mit der markanten Schmiede zu einem Blickfang mitten in Ortslage geworden." Der Wiederaufbau sei "aufs Vortrefflichste gelungen". Das Hofensemble wirke wieder, als ob alle Gebäude schon immer da gewesen wären. Das war der Jury den mit 10 000 Euro dotierten Hauptpreis wert.

Lebensqualität am Land

Stiegler war mit seiner Frau und dem Architekten bei der Preisvergabe in Berlin und nahm die Glückwünsche von Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner persönlich entgegen. "Orte und Gebäude sind identitäts- und heimatstiftend", hatte sie in ihrer Laudatio gesagt, und: "Wir wollen Leerstand bekämpfen und attraktive, vitale Ortskerne schaffen, die den Menschen in den ländlichen Räumen hochwertige Wohn- und Arbeitsbedingungen sowie Lebensqualität bieten. Dazu brauchen wir heimatverbundene, engagierte und mutige Bauherren. Die Preisträger zeigen, wie es geht."

Ein Lob, das Stiegler auch als Würdigung einer mühevollen Zeit wertet, die hinter seiner Familie liegt. Zumal sich der Aufbau letztlich bis in die Gegenwart zieht: "Da siehst immer noch das Alteisen von der Baustelle rumliegen oder ein Eck, das es noch herzurichten gilt." Die arbeitsintensive Zeit der Doppelbelastung von Baustelle und dem Haselnuss-Anbau, der Einsatz forderte wie immer, "hat Narben hinterlassen, das ist nicht spurlos an uns vorbeigegangen", so Stiegler. Schließlich hat die Familie binnen fünf Jahren geschultert, was sich ansonsten über Generationen entwickelt.

Und obwohl der Hof gut versichert war, mussten die Stieglers doch "ein paar Darlehen aufnehmen, mit denen wir noch rumkrebsen, aber zumindest können wir jetzt wieder durchschnaufen", gibt sich Fritz Stiegler zuversichtlich. Die Geschäfte entwickeln sich gut, der Stiegler-Hof ist "auf Bio" umgestiegen. Weil damit der Haselnussbohrer auf den Plantagen nicht mehr chemisch bekämpft werden darf, scharren jetzt Hühner unter den Nussbäumchen und fressen den Schädling. Mit dem Nebeneffekt, dass es nicht mehr nur die über die Marke FrankenGeNuss von Sohn Martin vermarkteten Nuss- und Nougatprodukte direkt ab Hof gibt, sondern auch Eier und Nudeln aus eigener Herstellung.

Mit dem Deutschen Landbaukultur-Preis werden herausragende architektonische Bauten auf landwirtschaftlichen Anwesen und damit das Bestreben der Bauern nach einer stimmigen Verbindung von Neuem und Altem, Wohnen und Arbeiten auf dem Land gewürdigt, erläutert eine Pressemitteilung. Auf die Ausschreibung gestoßen hatte Stiegler und Dürschinger der Tipp eines Fachberaters am Landwirtschaftsamt.

Er, so Stiegler, habe den Preis vorher nicht gekannt, dabei sei er einer der renommiertesten Architektenpreise, die es gibt, habe er sich sagen lassen. Und nicht zuletzt habe die festliche Verleihung in der Hauptstadt dazu geführt, "dass der Bauer jetzt auch mal in die Großstadt gekommen ist und sich Berlin anschauen konnte".

Wer sich den Hof in Gonnersdorf einmal genauer ansehen möchte, hat dazu am 11. Mai (Uhrzeit ist noch offen) Gelegenheit, wenn Familie Stiegler beim Informationstag über den Haselnuss-Anbau und die Direktvermarktung Auskunft gibt.

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