Locker und entspannt: Das Altstadtfesival der Szene Fürth

16.7.2018, 13:30 Uhr
Locker und entspannt: Das Altstadtfesival der Szene Fürth

© Fotos: Hans-Joachim Winckler

Wozu braucht man bei Kaiserwetter und strahlendem Sonnenschein noch einen Regenschirm? Nur ganz Vorsichtige bringen solch ein Utensil mit, oder besonders Sonnenbrandanfällige. Oder Schlagzeuger. Jakob Hofman, der Drummer des Jovana Wolf Quintetts, drischt in der Zugabe hingebungsvoll mit seinen Sticks auf den geschlossenen Schirm ein, spannt ihn auf, klopft aufs Gestänge und auf die Seide und entlockt dem Gerät eigenartige Töne.

"Nackt kommen wir auf die Welt, nackt gehen wir wieder", zitiert Jovana Wolf aus dem Buch Hiob. Und "all das, was dazwischen so passiert", bringt das Quintett in seinen versponnenen Songs unter. Behilflich dabei ist Kathrin Wimmer mit ihrer Bassquerflöte, die aussieht wie ein verdrehtes Ofenrohr aus Messing.

Nein, sonst waren Regenschirme absolut überflüssig. Und die zaghaften Tröpfchen, die gelegentlich für eine hochwillkommene Abkühlung sorgten, waren im Nu auf dem Pflaster des Kirchenplatzes von St. Michael verdampft.

Heiß war es schon am Freitag hergegangen, als die Truppe Flinkfingro sehr gitarrenlastigen Jazzrock krachen ließ. Die Nintendospiel-Melodien, die da angeblich aus der Orgel erschallen sollten, wurden vom Rest der Truppe gnadenlos niedergemacht. Angeblich hätten die Musiker laut Programmheft keine Ahnung von Jazz, aber das ist wieder mal so eine nette Untertreibung, die in die Irre führt. Dafür haben sich die Bandmitglieder Platten aus Carlos Santanas Jazzphase der Mitsiebziger Jahre angehört, so manches erinnert an die "Welcome"-Platte.

Ebenfalls jazzig, ja richtig funkig heizte der "Hot Klub" durch den Abend. Furios im Takt schaukelten exaltierte Mütter über das Pflaster, während ihre Kinderchen mit weit offenem Munde auf deren Schultern balancierten. Störche segelten im Tiefflug über den Platz und Lichtspiele tauchten die Bühne, Bäume und Kirchenmauern in psychedelisch anmutende Farben.

Ach ja, die Störche. Wer den Nachwuchs auf dem Schlot in der Gustavstraße mal auf Augenhöhe bewundern wollte, hatte dazu am Samstagabend anlässlich der Kirchturmbesteigung Gelegenheit. Eine abgezählte Besucherschar zwängte sich die enge Wendeltreppe hinauf. Kaum zu glauben, dass die Sommerhitze selbst inwändig aus dem Sandstein abstrahlt. Wer schnaufend oben ankam, den belohnte ein Rundumblick über Fürth mitsamt Panorama-Akustik.

Während sich unten das Duo "Sky Blue Skin" in seinen hypnotisch-monotonen Gesängen zu Düstergitarre und Schlagzeug erging, tobten auf dem Grünen Markt und im Lindenhain die Bären. Die Störche auf ihrem Schlot hingegen ließen die Open-Air-Konzerte scheinbar weitgehend unberührt über sich ergehen.

Den musikalischen Abschluss des Altstadtfestivals hatte am Samstagabend das Boy-Quartett "Sent to Finland" besorgt, das angeblich — von Kiel kommend und im Stau schmorend — quasi in letzter Minute nach Fürth gefunden hatte. Wenn das eine prophylaktische Entschuldigung für einen halbgaren Auftritt sein sollte, war sie absolut überflüssig.

Die Herren pflegten einen Turbo-Folk, wobei Schlagwerk und Bass die zwei verstärkten akustischen Gitarren gelegentlich in den Hintergrund drängten. Indes sorgte der lustvolle hochenergetische Gesang für Superstimmung im Publikum, motivierte zum Tanz und bescherte einen wunderbaren Höhepunkt. Alles in allem: ein perfektes Festival mit lockeren, entspannten Besuchern und der passenden Musik dazu.

Verwandte Themen


Keine Kommentare