Stromtrasse in Roßtal: Nur nichts verpassen

30.1.2016, 14:00 Uhr
Stromtrasse in Roßtal: Nur nichts verpassen

© Fotos: Hans-Joachim Winckler

Hans Volland, Nebenerwerbslandwirt in Raitersaich und Vertreter der BBV-Geschäftsstelle Nürnberg/ Fürth, hat schon nachgehakt: „Wir wissen aber leider noch nicht, wer die Federführung bei der Planung haben wird, Amprion oder Tennet.“ Auch herrsche Unklarkeit darüber, ob nur auf der bestehenden Trasse – sie führt von Raitersaich über Defersdorf und Trettendorf ins niederbayerische Altheim – Veränderungen stattfinden, oder ob neben dieser Alttrasse neue Eingriffe anstünden.

Stromtrasse in Roßtal: Nur nichts verpassen

© Petra Fiedler

„Was sich aber darstellt“, sagt Volland, „ist, dass die sogenannte Monstertrasse hier im Landkreis nicht mehr erwähnt wird.“ Seine Hoffnung: „Sie ist anscheinend vom Tisch“. Mutmaßungen herrschten allerdings darüber, dass die jetzige Trasse von 220 auf 380 Kilovolt aufgerüstet werde.

Nicht entspannt zurücklehnen

Das ist für den Rechtsanwalt Jürgen Kraft kein Grund, sich entspannt zurückzulehnen. Kraft, Fachanwalt für Agrarrecht, gehört zur Landvokat GmbH, einer Rechtsanwaltsgesellschaft, die unterstützend für und mit dem BBV arbeitet. Als Bauernsohn kennt Kraft natürlich die Sorgen des landwirtschaftlichen Berufsstandes und reitet in seinem Vortrag nicht auf Paragrafen herum, sondern präsentiert seinen Zuhörern Handfestes.

Gebetsmühlenartig wiederholt er die Wichtigkeit des Anhörungsverfahrens. Behörden und Privatpersonen dürfen sich dabei mit ihren Einwänden an die Planungsbeauftragten wenden. Kraft: „Lesen Sie ab jetzt immer Ihr Amtsblatt. Schauen Sie, was in Ihrer Gemeinde an Veröffentlichungen ausliegt. Prüfen Sie, ob Sie betroffen sind, und wenn ja, in welcher Form.“ Fündig würde man in den Planfeststellungsunterlagen, insbesondere im Grunderwerbsverzeichnis. An diesem Abend wird klar, dass den meisten Zuhörern diese Dringlichkeit nicht bewusst ist.

So herrscht gespannte Aufmerksamkeit, als Kraft die Spielregeln des Verfahrens darstellt. Wer im Anhörungsverfahren innerhalb der Sechswochenfrist nicht schriftlich seine Einwände formuliert und diese in Briefform (nicht als Email) zustellen lässt, ist aus dem Rennen. Präklusion nennt man diese juristische Nebenwirkung. „Vermeiden Sie diese Konsequenz unbedingt“, betont Rechtsanwalt Kraft.

„Denken Sie daran, dass niemand auf Sie zukommen wird und Sie auf die Auswirkungen der Trasse aufmerksam macht“, beschreibt er weiter die gängige Praxis bei solch hoheitlichen Baumaßnahmen. Viele würden deshalb übersehen, dass sie eigentlich selbst reagieren müssten. Dabei können die Einwendungen vorgetragen werden, ohne dass dem Betroffenen Kosten entstehen. „Bei Klagen vor Gericht ist das anders. Die können teuer werden“, verrät der Jurist.

Kraft beschreibt auch, dass es beim Anhörungsverfahren im Normalfall noch nicht um Entschädigung geht. Als Grundstückseigentümer müsse man allerdings im Hinterkopf behalten, dass die Trassenbetreiber keine Flächen kaufen, sondern „nur“ ihre Grunddienstbarkeit im Grundbuch abgesichert sehen wollen.

Das sei für die Betreiber eine angenehm günstige Praxis, formuliert der Agrarrechtler die Beweggründe und fordert wieder einmal die Landwirte auf, zu reagieren. „Die Belastungen und Einschränkungen bleiben ja über Generationen hinweg erhalten. Ihre Grundstücke verlieren auf ewig an Wert.“

Betrifft mehrere Generationen

Im Detail beschreibt der Anwalt an praktischen Beispielen, was alles Beachtung finden muss, wenn die Einwände formuliert werden, und gibt noch einen Tipp: „Prüfen Sie auch, ob Sie nicht für Ausgleichs- und Ersatzflächen herangezogen werden sollen.“

Der Bayerische Bauernverband hat die großen Problemfelder in einem Verfahren wie diesem ausgemacht. Erstens stellt sich für den Berufsstand die Frage, ob man bei einem Projekt der Energiewende noch Ausgleichsflächen braucht. Will sagen: Das Vorhaben ist an sich schon der Ökologie geschuldet und müsste nicht noch weitere ökologische Puffer erfordern; zweitens sind für den BBV bei derart Generationen übergreifenden Eingriffen nicht einmalige Entschädigungszahlungen angemessen, sondern jährlich wiederkehrende Leistungen. Hans Volland: „Wir machen uns für eine jährliche Entschädigung mit Anpassungsklausel stark“.

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