Sudhaus-Sanierung: Manchmal die reinste Detektivarbeit

30.10.2018, 16:00 Uhr
Sudhaus-Sanierung: Manchmal die reinste Detektivarbeit

© Winckler

Frau Simon, als mobile Restauratorin kommen Sie viel herum. Sie besuchen Privatleute und reparieren vor Ort deren Möbel, Bilder und Objekte. Wo waren Sie zuletzt?

Erika Simon: Gerade komme ich aus Fürth von der Baustelle der ehemaligen Humbser-Brauerei zurück. Seit einem Jahr arbeite ich da mit. Die Gebäude werden umgewandelt. Ich habe mit einem anderen Restaurator das Sudhaus von 1911 und das Pförtnerhaus stilecht restauriert und dabei die Innenhaut wieder in ihren ursprünglichen Zustand versetzt.

Wie gehen Sie beim Restaurieren vor?

Simon: Als Erstes wissenschaftlich: Man macht eine Bestandsaufnahme, um festzustellen, wie der Raum ursprünglich ausgesehen hat. Manchmal ist das eine richtige Detektivarbeit. Wenn es keine Dokumente mehr gibt, recherchiert man in Archiven nach alten Plänen, historischen Abbildungen oder Beschreibungen. Man sucht vor Ort nach alten Spuren. Oft arbeitet man mit dem Denkmalamt zusammen. Dann erstellt man ein Farbkonzept und leitet die Handwerker an. Denn es gilt, nicht nur die stimmigen Farben, sondern auch die historisch richtigen Materialien zu verwenden. Dabei habe ich selber mit dem Pinsel an Wand und Decke mit gearbeitet.

 

Sudhaus-Sanierung: Manchmal die reinste Detektivarbeit

© Foto: Inoure-Krätzler

Muss man als Restaurator schwindelfrei sein?

Simon: In der Tat ist das von Vorteil. Ich bin schon seit einiger Zeit im Rentenalter, klettere aber immer noch gerne auf Gerüste, um etwa völlig zugekleisterten Stuck an der Decke mit Freilegungseisen freizukratzen, und später eigenhändig zu bemalen, wie im Sudhaus. Das kommt wohl aus meiner Zeit als Kirchenmalerin.

 

Ein Sudhaus zu restaurieren ist aber etwas ganz anderes. Wie war das Vorher-Nachher-Erlebnis?

Simon: Vorher hat vieles nicht gestimmt, angefangen bei den Materialien; viele Kacheln waren kaputt, Stuckfiguren wie zum Beispiel Weizenähren nicht mehr sichtbar; das konnte korrigiert werden. Es war sehr inspirierend, an diesem Ort zu arbeiten. Zu sehen, mit welcher handwerklicher Sorgfalt früher gearbeitet wurde. Jeder Winkel ist mit großer Liebe gestaltet worden. Es ist sehr schön, jeden Tag zu sehen, was ich gemacht habe und am Ende zu sehen, wie der Raum sozusagen in altem Glanze erstrahlt.

 

Wie kamen Sie zu dem Beruf?

Simon: Es gibt spezielle Ausbildungen. Ich selber habe zunächst eine Schreinerlehre gemacht, dann Innenarchitektur studiert und lange als Kirchenmalerin gearbeitet.

 

Arbeiten Sie lieber bei den Kunden oder im eigenen Atelier?

Simon: Einen Schrank oder einen Biedermeiersekretär kann man besser vor Ort reparieren. Da fällt der aufwendige Transport weg. So entwickelt sich auch schnell ein Vertrauensverhältnis zu meinen Kunden. Und wenn die Dinge später wieder schön und heil sind und die Kunden strahlen, freut mich das.

 

Mit welchen Dingen kommen Privatpersonen zu Ihnen?

Simon: Gerade habe ich einen alten chinesischen Lackschrank bekommen, einen Klavierhocker vom Sperrmüll und den Porzellankopf eines Bacchus.

 

Gibt es Dinge, die Sie nicht reparieren würden?

Simon: Nein. Ich repariere alle Schätze meiner Kunden.

 

Welche Arbeit ist Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?

Simon: Ein Nürnberger Lüsterweibchen. Das sind diese rustikalen Leuchter mit Geweih und einer Figur daran. Bei diesem war das Gesicht so schön und lebendig. Unglaublich! Zuvor fehlte ihm die Farbe. Nach der Restaurierung sah die Figur so lebensecht aus.

 

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