Teure Hilfe: Zirndorfer retten Hund und werden abkassiert

12.6.2017, 12:00 Uhr
Teure Hilfe: Zirndorfer retten Hund und werden abkassiert

© Athina Tsimplostefanaki

"Schier geplatzt sind wir vor Ärger, nicht wegen der 90 Euro, um die es ging, sondern darüber, wie man im Rathaus mit einer Bürgerin, für die Tierschutz etwas bedeutet, umgeht", sagt Gertraud Hahn. "Wir sind abserviert worden." Während Kommunen andernorts einen Nachlass bei der Hundesteuer gewähren, haben die Halter einen Tierschutz-Hund übernommen, "hat man sich bei uns nicht mal die Mühe gemacht, etwas genauer hinzuschauen", sagt sie. "Charly ist für uns kein Luxushund, wir wollte das Tier einfach schützen."

In der jüngsten Stadtratssitzung haben sie und ihr Ehemann ihrem Unmut Luft gemacht. Und einmal mehr die Frage gestellt, die ihnen bis heute keiner beantworten wollte: "Warum ist der Zweithund um 120 Prozent teurer als der erste?" Die Hahns empfinden das als Strafsteuer.

Anfang des Jahres haben sie Charly zu sich genommen. Er hatte 200 Meter weiter gewohnt. Sein Halter war an Krebs gestorben, die Erben wollten ihn nicht übernehmen. Er wäre ins Tierheim gekommen, doch mit acht Jahren und Arthrose in den Knochen hätte er kaum Aussicht auf Vermittlung gehabt. Dann hätte er sein Dasein im Tierheim fristen dürfen. Davor bewahrten ihn die Hahns. Und dürften der öffentlichen Hand einen Haufen Geld gespart haben. Denn die Kommunen haben die Tierheime mitzufinanzieren.

Für Tierschutz abgestraft?

Anfang des Jahres meldete Gertraud Hahn den Hund bei der Stadt an. Der Steuerbescheid kam tags darauf: 70 Euro, der reguläre Satz für einen Hund. Frauchen erteilte der Stadt eine Einzugsermächtigung und hielt die Angelegenheit für erledigt. Doch zwei Wochen später ereilte sie ein Änderungsbescheid: Ohne jede Erklärung wurde ihr damit der Satz für den Zweithund im Haushalt in Rechnung gestellt, und der macht 160 Euro. Gertraud Hahn fiel aus allen Wolken. Sollte man sie jetzt auch noch dafür abstrafen, dass sie sich für den Tierschutz engagiert?

Sie machte von ihrem Recht auf Widerspruch Gebrauch und hob die Einzugsermächtigung zugunsten der Stadt auf. Mitte März, als der Fälligkeitstermin 1. April näher rückte, überwies sie 70 Euro an die Stadtkasse. Doch am 3. April war die Differenz zu den 160 Euro trotzdem abgebucht: Die Stadt hatte ohne Einzugsermächtigung zugegriffen. Für die Hahns "eine Frechheit". Gertraud Hahn ließ das Geld rückbuchen.

Als sie persönlich in der Kämmerei vorstellig wurde und nach dem Grund für eine derartige Ungleichstellung des Zweithundes fragte, erhielt sie zur Antwort, man müsse ihr das nicht erklären. Es ging weiter zwischen Kämmerei und Hahns hin und her, später auch per Briefverkehr mit Bürgermeister Thomas Zwingel — und gipfelte in der Mahnung für die kompletten 160 Euro samt Pfändungsandrohung, worauf die Hahns überwiesen. Doch dann fiel Karl Heinz Hahn ein Parteiblättlein der Freien Wähler in die Hände.

Stadtrat Marcus Baritsch berichtete darin, dass die Stadträte auf Kosten der Stadtkasse zur Nachfeier der 45-jährigen Partnerschaft nach Koppl fahren und über den Antrag der FW, dafür selbst aufzukommen, nicht einmal abstimmen mochten. "Da war für mich die rote Linie überschritten. Da wollte ich diesen Leuten, die so etwas entscheiden und mit den Hundehaltern solche Krämpf’ machen, mal in die Augen schauen", sagt Hundefreund Hahn.

Und erklärte dem Plenum, dass in der EU neben Deutschland nur noch Österreich an der Hundesteuer festhält, die anderen aufgrund moralischer und verfassungsrechtlicher Bedenken längst darauf verzichteten. Schließlich wird kein anderes Haustier besteuert.

Wichtige Dokumente verloren

Für grundsätzliche Kritik an dieser Steuer, so hielt Zwingel dem entgegen, sei er der falsche Adressat. "Sie fechten kommunales Abgaberecht des Landes an, das ich umzusetzen habe, da müssen Sie sich ans Verfassungsgericht wenden." Ein Jurist hat das bereits getan und es 2013 bis vor den Europäischen Gerichtshof geschafft. Nur gingen dann seltsamerweise die entscheidenden drei Dokumente aus der mehrere 100 Seiten dicken Beschwerdeakte verloren.

"Dumm gelaufen", sagt Kämmerer Martin Fenn auf Nachfrage. Das Tier sei versehentlich als Ersthund aufgenommen worden, nur sei das im Änderungsbescheid nicht kommuniziert gewesen. Als der Stadtrat die Steuer 2012 massiv anhob, um die Stadtkasse zu entlasten, habe er sich an den Sätzen umliegender Gemeinden orientiert. Derzeit leben Fenn zufolge 1345 Hunde in Zirndorf, 1220 von ihnen werden einzeln gehalten, lediglich für 113 Hunde wird der Zweithundesatz fällig. Und nur zwölf sind dritter oder weiterer Hund. Insgesamt bescheren sie der Stadtkasse 109.000 Euro.

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