Theaterklasse in Fürth: "Die Kinder sind wacher"

23.2.2019, 21:00 Uhr
Theaterklasse in Fürth:

© Foto: Horst Linke

Heller, wacher, aufgeschlossener: So erlebt Angela Deger-Schuhmann ihre Schützlinge, seit sie regelmäßig gemeinsam Szenen einstudieren. Ziel sei dabei nicht, künftige Star-Schauspieler oder Casting-Sternchen heranzuziehen, sondern "ein ganzheitliches, nicht verkopftes Lernen mit dem ganzen Körper."

Die Stunden gehen im normalen Vormittagsunterricht über die Bühne. Für Deger-Schuhmann, die als Lehrerin für Werken und Gestalten eine Zusatzausbildung zur Theaterlehrerin absolviert hat, zeigt dies den Stellenwert: "Wir sind keine Theater-AG, die sich irgendwann am Nachmittag trifft."

In Fürth ist die Friedrich-Ebert-Schule laut Rektorin Marion Schad die einzige, die das Modell "Theaterklasse" anbietet. Selbst bayernweit sei man damit vermutlich eine der wenigen Grundschulen, wenn nicht gar die einzige.

Selbstverständlich ist die Teilnahme freiwillig, nach der Anmeldung durch die Eltern dann allerdings verbindlich. Und bereits jetzt informieren sich Mütter und Väter, ob das Projekt fortgesetzt wird. Die aktuelle Theaterklasse wird laut Deger-Schuhmann über die gesamten vier Grundschuljahre laufen. Für das kommende Jahr plane man eine weitere erste Klasse einzubinden.

Weil die Kinder dann erst das Lesen lernen, standen die Theaterlehrerin und die mit ihr eng zusammen arbeitende Klassleiterin Nicole Weth vor einer zusätzlichen Herausforderung. Schließlich konnte man den Schülern nicht einfach einen Text an die Hand geben, den sie szenisch vortragen. "In dieser Phase wird sehr viel körperlich dargestellt", erklärt Deger-Schuhmann. "Die Gruppe agiert untereinander, lernt das richtige Timing und übt peripheres Sehen." Letzteres etwa, wenn ein Kind als "Chef" mit oder ohne Worte vorgibt, was die übrigen nachmachen sollen: Gehen, stehen bleiben, springen oder sitzen.

Für ihr Alter seien die Mädchen und Buben damit erstaunlich weit – nicht nur, was Körperbeherrschung und Selbstwahrnehmung angehe. "Sie eignen sich eine deutliche Aussprache und die richtige Betonung von Silben und Wörtern an. Das hilft dann wiederum beim Lesen", findet die Lehrerin. Andere Grundschul-Lerninhalte wie das Sortieren, Teilen und Gruppieren von Zahlen und Größen werden ebenfalls schauspielerisch vermittelt.

Eine Kritikkultur hat sich entwickelt

Als überaus wertvoll schätzt sie ein, dass sich in der Klasse eine Kritikkultur entwickelt hat. "Die Kinder sehen selbst, ob eine Rolle stimmig ausgefüllt wird oder nicht und weisen ihre Mitschüler kritisch, aber liebevoll darauf hin." Dadurch lernten sie, zu verbalisieren und sich gegenseitig zu vertrauen. Selbst die größten Rabauken passen dann auf und sind vorsichtig.

An Ausstattung sei für den Unterricht nicht viel nötig. Trotzdem freut sich Angela Deger-Schuhmann über den Erwerb von 30 sogenannten "Gwaaf Hoggern". Die leichten Möbel – vorgestellt bei den bayerischen Theatertagen 2018 in Fürth – eignen sich zum Sitzen ebenso wie zum Trommeln oder Bauen einfacher Kulissen. "Sie sind leicht, robust, flexibel und können auch im Freien verwendet werden", sagt die Theaterlehrerin.

Im Stadttheater war die Klasse auch schon

Damit habe man nun zusätzliche Möglichkeiten, beispielsweise, einmal Theater im öffentlichen Raum zu veranstalten. Im Stadttheater war die Klasse übrigens auch schon – um sich etwas von den Profis abzuschauen, aber auch, um die Vielzahl der Berufe hinter der Bühne etwas genauer kennenzulernen.

Nach anderthalb Jahren Theaterklasse ist Angela Deger-Schuhmann noch immer fasziniert von der Entwicklung der Schüler: "Und man sieht, wie viel Freude sie dabei haben." Selbst wenn sich die Pädagogin manchmal eine zweite Lehrkraft an der Seite wünscht: "Es sind tolle Kinder, aber eben Kinder. Da wird es schon mal lauter."

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