Tierisches Fürth: Rückkehrer und Zuwanderer

20.8.2014, 21:00 Uhr
Tierisches Fürth: Rückkehrer und Zuwanderer

© Klaus-Dieter Schreiter

Der Biber

Wer die Augen offen hält, kann seine Spuren an den Flussläufen sehen: kegelförmig abgenagte Stämme, gefällte Bäume und stattliche Biberburgen, wie die Behausungen der lange vom Aussterben bedrohten und streng geschützten Tiere heißen. Ein Exemplar des extrem scheuen und nachtaktiven Castor fiber, so der lateinische Name, aus Fleisch und Blut zu sehen, ist hingegen ziemlich unwahrscheinlich. Und das, obwohl sich die Population in Fürth stetig ausgewachsen hat.

Probleme wie andernorts, wo sich Landwirte über die von den Biber- Aufstauungen verursachten Überflutungen ihrer Felder beklagen, gibt es in der Kleeblattstadt kaum. Die weitläufigen, von Wiesen geprägten Flussauen bieten wenig Konfliktpotenzial. Kommt es doch mal zum Kontakt Mensch-Biber, so fällt der eher bizarr aus: Vor einigen Jahren fing die Feuerwehr zwei Exemplare ein, die sich ausgerechnet vor den Lieferanteneingang des Saturn-Markts verirrt hatten – und karrten sie zurück in den Wiesengrund.

Tierisches Fürth: Rückkehrer und Zuwanderer

© Reiner Bernhardt

Das Wildschwein

Die Klagen häufen sich, von einer Plage ist schon die Rede: Wildschweine, lange in und um Fürth lediglich dank der im Schwarzwildgehege des Stadtwalds verwahrten Rotte ein Begriff, vermehren sich in freier Wildbahn sprunghaft – mit Folgen: Mal verursachen die Schwarzkittel Autounfälle, dann verwüsten sie Gärten und auch Felder, neulich hielten sie ganz Ammerndorf auf Trab: Jäger und Polizei nahmen dort die Fährte einer zwölfköpfigen Wildschwein-Familie auf, die stundenlang ihr Unwesen trieb.

„Unglaublich lernfähig“ seien die Tiere, sagen Fachleute, deshalb sei ihnen schwer beizukommen. Doch auch hier schrieb die örtliche Feuerwehr Geschichte: Als 2001 das gesamte Wildschweinrudel aus dem Fürther Gehege ausbüxte und das nahe Dambach unsicher machte, hechtete einer der Helfer beherzt auf eine 100-Kilo-Bache. Die verdutzte Sau wurde überwältigt.

Tierisches Fürth: Rückkehrer und Zuwanderer

© Jutta Endlein

Der Storch

Der Großvogel ist sozusagen der Aufsteiger des Jahres unter jenen Tieren, die einst als stark gefährdet galten: Noch nie gab es nach Erkenntnissen des Landesbunds für Vogelschutz so viele Weißstörche in Bayern wie derzeit. 360 Paare zählten die Fachleute, so viele wie seit Beginn der systematischen Erfassung vor 114 Jahren nicht. Und auch in Fürth sorgt Adebar für Freude: Sieben Junge bekamen die beiden hier beheimateten Paare im Frühjahr, drei oben auf dem Schlot in der Altstadt, vier auf dem Dach der alten Vacher Brauerei.

Fürth wäre freilich nicht Fürth, gäbe es nicht auch eine ganz besondere Storchen-Story zu erzählen: Zweimal in den vergangenen fünf Jahren gesellte sich ein verwirrter Pelikan zu den Vacher Störchen. Offenbar hatte sich der hier alles andere als heimische Vogel schwer verflogen.

Tierisches Fürth: Rückkehrer und Zuwanderer

© Kurt Bader

Der Waschbär

Sie gehören, das muss an dieser Stelle festgehalten werden, überhaupt nicht in unsere Gefilde. Den Waschbären, ursprünglich nur in Nordamerika daheim, aber ist das wurscht. Seit die markant schwarz-weiß gezeichneten, katzengroßen Kleinbären 1934 leichtfertigerweise rund um den nordhessischen Edersee ausgesetzt wurden, um dort die Fauna zu bereichern und Pelze zu liefern, haben sie sich flächendeckend ausgebreitet.

In den vergangenen Jahren drangen die putzig anmutenden Klettergenies auch zunehmend auf Fürther Gebiet vor. In einem Dachstuhl nisteten sie sich ein, in Gartenschuppen und auf Campingplätzen. Nachts machen sich die Allesfresser auf Nahrungssuche, in städtisch geprägten Umgebungen finden sie das ganze Jahr über einen reich gedeckten Tisch vor — von Obstbäumen bis zu Speiseresten auf dem Kompost, in Mülltonnen, in öffentlichen Papierkörben oder hinter Imbissbuden.

Im Mai dieses Jahres schickte uns ein Anwohner aus Unterfarrnbach einen Schnappschuss, der den Vormarsch trefflich illustriert: An einem Fressnapf im Garten bedienten sich einträchtig ein Igel – und ein Waschbär.

Tierisches Fürth: Rückkehrer und Zuwanderer

© Hans-Joachim Winckler

Die Kanadagans

Mancher, der im Talgrund auf Höhe des Stadtparks unterwegs ist, traut seinen Augen nicht: Die Wiese scheint geradezu übersät mit Kanadagänsen, die man an ihrem charakteristischen schwarzen Kopf und einem weißen Kinnband erkennt. So viele, meint auch der Fürther Vogelexperte Herbert Schlicht, waren es noch nie.

Die Kanadagans ist, wie der Waschbär, eine sogenannte Faunenverfälschung, will heißen: gehört hier eigentlich nicht hin. Auch sie wurde irgendwann im vergangenen Jahrhundert in Deutschland angesiedelt, seitdem haben sich die Vögel „unwahrscheinlich verbreitet“, sagt Schlicht.

Und schon folgt die nächste Einwanderungswelle: In Unterfranken, erzählt Schlicht, wo er dieser Tage weilte, ist die ägyptische Nilgans ein vertrauter Anblick, „rasant“ habe sie sich dort vermehrt. „So was hab’ ich noch nicht gesehen.“ In zwei, drei Jahren, ist sich der Fachmann sicher, „rennt die Nilgans auch bei uns rum“. Er sehe solche Entwicklungen mit Sorge, denn die einheimischen Vogelarten könnten dadurch auf längere Sicht ins Hintertreffen geraten.

Tierisches Fürth: Rückkehrer und Zuwanderer

© Matthias Glaser

Das Südstadthuhn

Sie schrieben seit Ostern 2013 ein tierisches Kapitel der ganz besonderen Art und dürfen hier natürlich nicht fehlen: Acht Hühner flatterten durchs urbane Südstadtviertel an der Landmannstraße und wirbelten die Nachbarschaft kräftig durcheinander. Der Unterschied zu den Vorgenannten: Das Federvieh war nicht nach Fürth eingewandert, irgendein Spaßvogel muss es ausgesetzt haben.

Die Tiere nahmen es ungerührt zur Kenntnis und arrangierten sich rasch im neuen Quartier – samt strategisch günstig gewähltem Schlafbaum auf einem Firmengelände, auf den man sich gern zurückzog, um sicher vor Häschern zu sein. Erst in Etappen fand das Land-Idyll mitten in der Großstadt ein Ende: Weil Nachbarn zunehmend genervt vom Krähen und Gackern in aller Herrgottsfrühe waren, rückte zunächst zweimal die Feuerwehr aus, um der Hühner ohne viel Federlesens habhaft zu werden; den letzten aufrechten Hahn lockte schließlich im Juni 2014 ein geduldiger Geflügelzüchter in die Falle.

 

Keine Kommentare