"Top Gun"-Komponist: Ein Abend mit Harold Faltermeyer

29.11.2016, 18:00 Uhr

© Foto: Thomas Scherer

Sex, Drugs and Rock’n’Roll – so heißen doch wohl die unverzichtbaren Zutaten für einen süffigen Pop-Lebenslauf. Doch diesmal mussten sie sich mit einer Nebenrolle begnügen. Weniger ging es an diesem Abend mit Faltermeyer und Mendl um wilde Zeiten im blinkenden Licht der Disco-Kugeln als um eine behütete Kindheit im idyllischen Baldham — und um einen Lebensentwurf, der die Bodenständigkeit nie verlor.

Im neuen Veranstaltungsbereich des Zirndorfer Concept Stores von Ellen und Eberhard Wigner erzählte Faltermeyer ausführlich und gemütlich von Hausmusik im Elternhaus und frühen Klavierstunden. Beverly Hills war in diesem Moment weit weg. Gut, dass Michael Mendl für seine Lesung aus Faltermeyers im September veröffentlichter Biografie („Grüß Gott Hollywood: Mein Leben zwischen Heimat und Rock’n’Roll“, erschienen bei Lübbe) die Kapitel auswählte, die am ehesten verdeutlichten, mit welchem Staunen der Komponist noch heute auf seinen ungeheuerlichen Karrieresprung blickt.

Harold Faltermeyer hat keinen Schulabschluss, doch dafür das absolute Gehör – nicht zuletzt auch dafür, was ankommt. Giorgio Moroder und Jerry Bruckheimer erkannten das und förderten ihn. Ende der 70er schreibt Faltermeyer für Donna Summer, die gefeierte Disco Queen, den Superhit „Hot Stuff“. Der Song, der die Charts erobert, wird für ihn zur Visitenkarte und bringt ihn nach Hollywood.

Hier sorgt „Axel F“ 1984 für den Durchbruch: Die Titelmelodie der Actionkomödie „Beverly Hills Cop“ mit Eddie Murphy als Axel Foley in der Hauptrolle ist anders als alles, was bislang in diesem Genre zu hören war – und wäre doch fast abgelehnt worden.

Es kam, wie man weiß, anders. 1986 landet der Komponist den nächsten Coup mit dem Titelthema für den Fliegerfilm „Top Gun“, der einen jungen Mann namens Tom Cruise zum Star macht. Faltermeyer bekommt für seinen Hit einen Grammy, als bisher einziger Pop-Künstler aus Bayern, dem das je gelang. Außerdem wird sein großer Wurf für einen Oscar nominiert.

Im bis auf den letzten Platz ausverkauften Haus in Zirndorf teilten sich Michael Mendl und Harold Faltermeyer den Abend. Der 72-jährige Schauspieler, der auf deutschen TV-Bildschirmen unter anderem als Willy Brandt und als Papst Johannes Paul II zu erleben war, las ebenso kultiviert wie leidenschaftlich und tanzte mitgerissen, als die Faltermeyer-Hits angespielt wurden. Der Komponist und Arrangeur selbst wechselte mehrfach zwischen Bühne und Zuschauerraum hin und her. Aufmerksam verfolgte er neben seiner Lebensgefährtin Birgitt Wolff die Lesung, bis er wieder auf Zuruf von Mendl auf die Bühne kletterte und ins spürbar vertraute Gespräch einstieg.

Geplaudert wurde nicht zuletzt über Disco-Diva Donna Summer, die ein herzhaftes Bayrisch beherrschte, aber lieber ihre Villen einrichtete, statt pünktlich im Studio einzulaufen. Und dann gab es doch noch ein bisschen Rock’n’Roll-Livestyle: „Drogen gehörten damals in Hollywood zum Alltag“, verriet Faltermeyer. Sogar Mischpulte mit eingebauten Spiegeln fürs Koksen habe es gegeben.

Nicht ganz so offensichtlich erschien dagegen der verwackelte Video-Mitschnitt, den Faltermeyer aus Los Angeles mitgebrachte, wo vor kurzem sein neuestes Werk uraufgeführt wurde. „Oktoberfest – The Musical“ nennt sich das und fußt nicht zuletzt auf zwei Pfeilern, die in den USA gern als ur-deutsch verstanden werden: Dirndl und Bier.

War’s das jetzt in Zirndorf? Natürlich nicht. Als Mendl seine Biografie zuschlug, schritt Faltermeyer zum Synthesizer. Und dann klang sie durch den Raum – Axel F, diese Melodie, die jeder, der sie einmal gehört hat, mitpfeifen kann. In den Schlussapplaus drangen immer deutlichere Rufe nach mehr: „Top Gun!“ Ließ sich machen.

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