Toter in Stein: Polizei klingelt an allen Haustüren

22.2.2018, 19:30 Uhr
Er würde gerne helfen, hat aber nichts Verdächtiges bemerkt: Ein Anwohner im Gespräch mit den Polizisten, die an seiner Tür geklingelt haben.

© Thomas Scherer Er würde gerne helfen, hat aber nichts Verdächtiges bemerkt: Ein Anwohner im Gespräch mit den Polizisten, die an seiner Tür geklingelt haben.

Dass Polizisten von Haus zu Haus gehen, an den Türen eines ganzen Viertels klingeln, um neue Hinweise zu bekommen, und sich dabei auch von Medienvertretern begleiten lassen, kommt nicht oft vor. Zuletzt habe man das 2013 in der Nürnberger Südstadt gemacht, im Fall der ermordeten Rentnerin Anneliese Morchutt, sagt Polizeipressesprecher Bert Rauenbusch auf Nachfrage. Er kann sich nicht erinnern, dass man bei einem Verkehrsunfall schon einmal zu dieser Maßnahme griff.

"Dieser Fall aber gibt das her", sagte Rauenbusch am Nachmittag, als die etwa 50 Beamten - Kräfte der Bereitschaftspolizei und der Ermittlungsgruppe "Mühlstraße" - mit der Aktion begannen. "Wir scheuen keine Mühen, um den Unfallverursacher zu finden."

In Zweier- oder Dreierteams waren die Polizisten ab 15 Uhr unterwegs, bis 20 Uhr sollte die Zeugensuche laufen. In den nächsten Tagen dann wollen sie auch in Stein und Oberasbach an Türen klingeln. Wird ihnen geöffnet, fragen sie kurz ab, ob die Bewohner am Abend des Rosenmontags vielleicht etwas gesehen haben, was ihnen bei der Aufklärung des Falls helfen könnte: Ein Auto, das auffällig schnell gefahren ist? Zwei Fußgänger, von denen später einer fehlte? Die Antworten notieren sie in einem Fragebogen.

An jenem Abend hatten Passanten gegen 20 Uhr einen schwer verletzten Mann leblos in der Mühlstraße in Stein, nahe einer Bahnunterführung, gefunden. Er war bereits an seinen massiven Verletzungen gestorben. Die Hinweise, dass ein Unfall mit Fahrerflucht vorausgegangen war, verdichteten sich tags darauf. Neben anderen Fahrzeugteilen fanden die Beamten ein Tagfahrlicht, das der Unfallwagen verloren haben muss. Werkstätten wurden gebeten, entsprechende Reparaturaufträge zu melden.

 

Obwohl etliche Hinweise aus der Bevölkerung eingegangen sind, war die entscheidende Spur noch nicht darunter, sagt Rauenbusch. In den vergangenen Tagen hat die eigens gegründete "Ermittlungsgruppe Mühlstraße" unter anderem Hinterhöfe und Parkplätze aufgesucht und auch einige verdächtige Fahrzeuge überprüft. "Bisher leider ohne Erfolg." Seit Mittwoch hängen in Stein und Oberasbach nun Plakate mit der Bitte um Hinweise.

"Möchten Sie reinkommen?"

Nicht alle Bürger, mit denen die Beamten an dem Nachmittag sprechen, hatten bereits von dem Unfall gehört. Viele zeigen sich mitfühlend und hilfsbereit. Sie selbst verreist gewesen, sagt eine Frau, aber vielleicht könne ja ihre Mutter weiterhelfen. "Möchten Sie reinkommen?"

Er hatte die vielen Polizeiwagen im Viertel schon bemerkt, erzählt ein 67-Jähriger, und habe sich gefragt, ob irgendwo eine Razzia laufe. Die Beamten vor seiner Tür klären ihn auf. Er schüttelt den Kopf: Nein, ihm sei an dem Abend nichts aufgefallen.

Je mehr Aufmerksamkeit, desto besser

Die Ermittler setzen große Hoffnungen in die Aktion, sagt Rauenbusch. Bewusst habe man sich auch dafür entschieden, Medienvertretern anzubieten, die Maßnahme - mit einem gewissen Abstand bei den Befragungen - zu begleiten. Die Präsenz der vielen Polizisten im Viertel hätte bei den Bürgern ohnehin Fragen aufgeworfen. Und je mehr Aufmerksamkeit dieser Fall bekommt, umso besser: Schließlich könnte irgendwo jemand davon erfahren, der dann doch etwas Entscheidendes gesehen hat an diesem Rosenmontag, gegen 20 Uhr.

Im Fall von Anneliese Morchutt übrigens hatte die Zeugensuche an Haustüren zwar nicht zum Erfolg geführt. Die beiden Täter aber wurden dennoch gefunden und sitzen inzwischen in Haft.