"Germany's Next Topmodel" kann Essstörung verstärken

27.4.2015, 14:00 Uhr

© Foto: Henning Kaiser/dpa

Seine Tochter möchte donnerstags immer ProSieben gucken, erzählt der Mann, der seinen Namen lieber nicht in der Zeitung lesen mag. Da staksen derzeit pünktlich um 20.15 Uhr Heidi und ihre "Mädels" über den Bildschirm. Viel hält der Vater nicht von dem TV-Format, deshalb lässt er seine Tochter die Sendung ungern alleine schauen. Lieber setzt er sich gemeinsam mit der Zwölfjährigen vor den Fernseher, um mit ihr wenigstens kritisch über die Model-Show sprechen zu können. Ein Weg, den Agnes Mehl, Leiterin der Fürther Erziehungsberatungsstelle, sehr begrüßt. Denn die „Medien haben einen großen Einfluss“ auf das Leben der Jugendlichen und in so einer TV-Sendung "steckt schon auch Risiko".

Wie risikoreich Formate wie „Germany’s next Topmodel“ sein können, zeigt eine aktuelle Studie: Das Internationale Zentralinstitut für das Jugend- und Bildungsfernsehen (IZI) und der Bundesfachverband Essstörungen haben 241 Patienten zur Rolle von Fernsehsendungen im Kontext von Essstörungen wie Magersucht und Bulimie befragt. Fast ein Drittel der Betroffenen gab dabei an, GNTM sei entscheidend für die eigene Krankheitsentwicklung.

Die Show macht immer wieder Negativ-Schlagzeilen wegen der harten Kritik der Jury, die sich sehr stark auf Äußerlichkeiten der Teilnehmerinnen bezieht. Ein Aspekt des Formats, der auch Agnes Mehl zu denken gibt: Manche jungen Zuschauer würden die Kommentare sogar auf sich beziehen, sagt sie. Sie fragen sich: Was würden die wohl über mich sagen? Der Psychologin zufolge kommt hinzu, dass die Sendung Jugendliche dazu bringen kann, Dünnsein mit Berühmtsein zu kombinieren. "Das prägt."

Sabrina Alwang, selbst Model und auch Model-Agentin, kann über diese vorgegaukelte Welt des Model-Business nur den Kopf schütteln. „Das ist eine Sendung, die den Zuschauer in eine Glamour-Welt entführen möchte — das entspricht aber keinesfalls der Realität“, schimpft sie. Der Wahrheit entspreche dennoch, dass Models schlank sein müssen — und daran sei nicht zu rütteln. Aber: „Schlank und gesund, nicht krankhaft dünn.“

Was die Studie anbelangt, so hat Alwang Zweifel: Einen „gewissen Einfluss“ hat die Sendung vermutlich schon , sagt sie, aber dass GNTM tatsächlich so eine Krankheit auslöst, „kann ich mir gar nicht vorstellen“.

Prof. Dr. Jens Klinge, Leiter der Fürther Tagesklinik für Kinder und Jugendpsychiatrie, sieht das anders. Er denkt durchaus, dass so ein TV-Format unter anderem ein Auslöser für eine Essstörung sein kann. „Die Sendung ist sicherlich nicht alleine daran Schuld, aber sie ist ein Baustein, wenn man ohnehin anfällig ist.“ Klinge beobachtet, dass eher hochintelligente und extrem ehrgeizige Mädchen zu solchen Krankheiten neigen. In den Teilnehmerinnen haben sie ideale Vorbilder gefunden, „denen sie nacheifern wollen“.

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